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Eutersekret oder Eitersekret: Enthält Milch etwa Eiter?


Der Mythos, dass Milch von Rindern auch für Menschen besonders gesund wäre, bröckelt seit Jahren. Pflanzliche Alternativen gewinnen immer mehr an Bedeutung, auch weil viele eine bessere Umweltbilanz haben. Doch ein Aspekt in Bezug auf Milch findet in der Öffentlichkeit noch recht wenig Beachtung: Ist Eiter in der „Kuhmilch“?

In diesem Blogpost gehen wir dieser Frage auf den Grund. Doch vorher müssen wir ein wenig ausholen.

In Deutschland abgegebene Milch muss behandelt werden

Es ist in Deutschland (und vielen anderen Ländern) gesetzlich verboten, sogenannte „Rohmilch“ – also die unbehandelte Eutersekretion weiblicher Rinder – an Menschen abzugeben. Also nicht nur zu vermarkten und verkaufen, sondern auch etwa kostenlos zum Probieren anzubieten. 

Es ist verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.

§ 17, Abs. 1 Tier-LMHV1 (Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung)

Das liegt daran, dass sie verschiedene Erreger hochansteckender und teilweise gefährlicher Krankheiten enthalten kann: etwa Salmonellen, Listerien, E. coli, Campylobacter, Staphylokokken und Yersinia – in der Regel lösen diese Magen-/Darm- und Durchfall-Erkrankungen aus2. Aber in seltenen Fällen können Viren aus solcher Milch auch Hirnhautentzündungen (FSME) auslösen3.

Bis zu 100.000 Keime in einem Milliliter

Um diese tatsächlich sehr reale Gefahr für die Bevölkerung abzuwenden, gibt es in Deutschland – neben dem generellen Verbot, Rohmilch abzugeben – Gesetze, die einen Grenzwert für die Anzahl von „Keimen“ in der Rohmilch festlegen. Keime sind im Wesentlichen einzelne Zellen von Bakterien oder Pilzen, die sich vermehren können. Diese müssen nicht immer pathogen, also infektiös sein. Sie können auch für den Menschen ungefährlich sein – wie die meisten Hefepilze. Dennoch lässt sich aus der „Keimzahl“ generell die Hygiene der Rohmilch und der Produktionsbedingungen ablesen4.

Denn die Erreger kommen in der Regel durch Verschmutzung in die Milch: Die sehr großen Euter – durch jahrzehntelange Zucht auf immer höhere Milchleistung immer stärker angeschwollen – kommen regelmäßig mit dem Kot der Tiere in Kontakt5. Der Kot gelangt so an die Maschinen, mit denen die Milch der Rinder mittels Unterdruck aus den Zitzen gesogen wird. 

Um diese Kontaminierung zu regulieren, legt die Rohmilchgüteverordnung (RohmilchGütV) für die maximale Keimzahl einen gesetzlichen Grenzwert von 100.000 Keimen pro Milliliter fest6.

Schon 1 Milliliter Rohmilch kann Infektionen zur Folge haben

Bei gesunden Menschen reichen 10.000 bis 1 Million Salmonellen-Bakterien aus, um zu einer Erkrankung zu führen – in einem Glas Rohmilch innerhalb des Grenzwerts könnten 20 Mal mehr Salmonellen enthalten sein7.

Zum Vergleich: Bei SARS-CoV-2, dem Erreger der Corona-Pandemie, reichen etwa 1000 Virus-Partikel aus8. Für das extrem ansteckende Norovirus braucht es nur 10 bis 100 Viren, um sich zu infizieren9. Diese beiden Erreger kommen nicht in der Rohmilch von Rindern vor, verdeutlichen jedoch, wie gefährlich bis zu 100.000 Keime in nur wenigen Tropfen unbehandelter Rindermilch sein können. 

Denn auch Salmonellen-Infektionen können unter Umständen von weniger als 100 Salmonellen-Bakterien ausgelöst werden – etwa bei immunschwachen und alten Menschen sowie bei Säuglingen und Kleinkindern7.

Der Konsum von Rohmilch kann unter Umständen lebensgefährlich sein

Deshalb sollen diese Menschen – obwohl auch generell vom Konsum der Rohmilch abgeraten wird – besonders darauf verzichten, weil sie für diese Gruppen lebensgefährlich sein kann5,10.

Rohmilch, die mehr als 100.000 Keime pro Milliliter enthält, muss gemeldet werden, darf aber trotzdem weiterverarbeitet und dann verkauft werden, jedoch zu einem niedrigeren Preis. Erst mehrmaliges Überschreiten des Grenzwerts, über Monate, führt zu einem Lieferstopp. 

Dass davon kein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung ausgeht, liegt vorwiegend daran, dass es Verfahren gibt, eventuelle Keime in der Rohmilch unschädlich zu machen.

Unbehandelte Eutersekretion wird pasteurisiert

Die Eutersekretion muss also behandelt werden, meist durch kurze Erhitzung, die Pasteurisierung genannt wird. Dabei wird der Großteil der vermehrungsfähigen Keime in der Rohmilch abgetötet oder inaktiviert. Das Gesundheitsrisiko durch den Konsum pasteurisierter Eutersekretion ist dann tatsächlich minimal.

Der Europäische Gerichtshof nennt Milch offiziell „Eutersekret“

Und ein kleines Detail am Rande: Wer jetzt denkt, „Eutersekretion“ wäre eine Art „Kampfbegriff“, um Rindermilch zu diskreditieren oder pathologisieren, liegt falsch. Der Begriff stammt tatsächlich aus dem berühmt-berüchtigten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Bezeichnung von „Milch“ und Ersatzprodukten auf pflanzlicher Basis von 201711.

Der Ausdruck ‚Milch‘ ist ausschließlich dem durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekretion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug, vorbehalten.

Urteil12 des EuGH zu „[…] Bezeichnungen – ‚Milch‘ und ‚Milcherzeugnisse‘ […]“, 2017

Und was hat das jetzt alles mit Eiter in Milch zu tun? Dafür müssen wir erst einmal eine Frage beantworte: Was ist Eiter eigentlich?

Dazu kommen wir gleich, aber vorher müssen wir noch mal zurück zur sogenannten „Kuhmilch“, denn die hat einen weiteren Bestandteil, der für die Frage wichtig ist. Neben dem durch die Pasteurisierung unschädlich gemachten Gehalt an Keimen, wird die vermeintliche Qualität der Rohmilch nämlich noch durch einen weiteren Grenzwert bestimmt: der Zellzahl.

Milch enthält körpereigene Zellen des Rindes

Rohmilch darf pro Milliliter 400.000 sogenannte somatische, also körpereigene Zellen enthalten. Ein Teil davon beruht auf „normalen“, physiologischen Prozessen. Das können abgestorbene Hautzellen sein, aber auch ein gewisser Anteil von Immunzellen.

Das sind im Wesentlichen weiße Blutkörperchen (Leukozyten, Granulozyten) und Fresszellen (Phagozyten). Die Eutersekretion eines gesunden Rindes enthält zwischen 10.000 und 100.000 körpereigene Zellen13,14.

Eine hohe Zellzahl in Milch spricht für Eutererkrankungen

Ab 200.000 Zellen kann man davon ausgehen, dass das Rind an einer Euterentzündung (Mastitis) leidet15. Die kann nämlich durch bakterielle Infektionen ausgelöst sein, insbesondere wenn das Rind unter schlechten Bedingungen leben muss. Denn normalerweise haben die Rinder eine starke Immunabwehr, die dafür sorgt, dass keine Bakterien in das Eutergewebe eindringen können14.

Hier spielt die Keimzahl wieder eine Rolle: Schlechte Hygienebedingungen, verschmutzte Maschinen und besonders Verunreinigungen mit Kot schwächen die Immunabwehr der Tiere – und das begünstigt Infektionen und Entzündungen14.

Eutererkrankungen sind auch eine Folge der Zucht auf hohe Milchproduktion

Die Überzüchtung der Rinder auf immer größere Milchproduktion hat dabei einen doppelten Effekt: Neben der höheren Verschmutzung mit Kot vergrößert nämlich auch eine hohe Milchproduktion die Gefahr von Entzündungen. Mit der Verdoppelung der Milchproduktion steigt die Wahrscheinlichkeit einer Euterentzündung um das 2,5-fache14. In der heutigen Milchindustrie haben selbst in Bio-Betrieben bis zu 50 % der Rinder eine Euterentzündung, während sie Milch produzieren16.

Und wenn das Rind an einer Euterentzündung erkrankt ist, steigt die Zahl körpereigener Abwehrzellen in der Milch stark an17. Außerdem sind Entzündungen bei Rindern wie bei Menschen mit Schmerzen verbunden.

Das Eutersekret eines Rindes mit Euterentzündung enthält die gleichen Zellen wie Eiter

Jetzt können wir auch zur eigentlichen Frage dieses Blogposts kommen: Enthält Milch Eiter? Und die kurze Antwort lautet: oft!

Was ist Eiter?

Denn woraus besteht Eiter? Eiter ist nichts anderes als ein Gemisch grünlicher Farbe, das aus weißen Blutkörperchen, Erregern und körpereigenen Zellen des umliegenden Gewebes besteht und von Wirbeltieren als Reaktion auf bakterielle Entzündungen abgesondert wird18.

In entzündetem Eutergewebe wird also Eiter produziert, der – meist stark verdünnt – auch in die Milch übergeht. Und das kommt laut einer Studie insgesamt pro Jahr bei über 10 % der Rinder vor19.

Wie schon bei der Keimzahl senkt auch bei der Zellzahl ein Überschreiten des Grenzwerts erst einmal nur den Verkaufspreis der Rohmilch – wenn er mehrfach überschritten wird. Eine Gewissheit darüber, wie viel Eiter letztlich in vermarkteter „Kuhmilch“ landet, gibt es also nicht.

Viele kennen „Kuh“ als Oberbegriff für alle Rinder. Wir von Animal Equality nennen Tiere jedoch in der Regel beim Artnamen. In der Agrarsprache kommen noch viele weitere Namen für Rinder vor: „Fresser“ für junge, entwöhnte Kälber, „Kuh“, „Färse“ und „Schnitzkalbin“ für weibliche oder „Stier“, „Ochse“ und „Bulle“ für männliche Rinder. Es gibt noch viele andere, teils regionale Namen. So viele Begriffe gibt es nur für die von Menschen ausgebeuteten Tiere. Die Begriffe geben nämlich auch über die Tiere Auskunft: zum Beispiel über Geschlecht, Lebensphase, Alter oder Kastration/Sterilisation.

Die Namen der Agrar-/Jagdsprache drücken also auch eine Nutzbarkeit für den Menschen aus. Weil wir diese ungerechte Nutzung ablehnen, setzen wir die Bezeichnungen in Anführungszeichen – wenn wir sie überhaupt verwenden. Sonst nutzen wir Artnamen und setzen diese oft mit der Industrie in Zusammenhang, in der sie ausbeutet werden. Also etwa Rind in der Milchindustrie für „Kuh“. Dementsprechend vermeiden wir auch den Begriff „Kuhmilch“.

Ein weiterer Grund, auf Milch von Rindern zu verzichten

Auch wenn von dem Eiter-Anteil in der Rindermilch keine gesundheitliche Gefahr für Menschen ausgeht, zeigt dieser Aspekt, wie rücksichtslos die Milchindustrie vorgeht: gegen die Konsument*innen und vor allem gegen die unter ihr leidenden Tiere. Und es zeigt, wie schlecht die Zustände in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Deutschland sind.

Die Industrie nimmt systematisch Krankheiten bei den milchproduzierenden Rindern (wie bei den anderen Tieren in der Landwirtschaft auch) in Kauf. Und nicht nur das: Auch für die Produktion von Milch werden allein in Deutschland jedes Jahr Millionen von Rindern getötet.

Die einzige Möglichkeit, den Rindern in der Milchindustrie zu helfen, bleibt, auf Rindermilch zu verzichten und auf eines der vielfältigen pflanzlichen Alternativ-Produkte zurückzugreifen.

Die Milchindustrie ist ausbeuterisch

Es gibt genügend gute Gründe, komplett auf Rindermilch zu verzichten. Hier kam nur ein weiterer dazu. Dasselbe gilt übrigens für alle anderen tierischen Produkte: die Täuschung der Tierhaltungsindustrie, die rücksichtslose Ausbeutung der Tiere, hat System und hört nicht bei Milch auf.

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Quellen:

1http://www.gesetze-im-internet.de/tier-lmhv/BJNR182800007.html#BJNR182800007BJNG000101124

2https://www.fao.org/3/i3396e/i3396e.pdf

3https://www.aerztezeitung.de/Medizin/FSME-Risiko-auch-durch-unbehandelte-Rohmilch-218874.html

4https://milchindustrie.de/milkipedia/keimzahl/

5https://www.welt.de/gesundheit/article13014297/Warum-Sie-unbehandelte-Milch-nicht-trinken-sollten.html

6https://www.gesetze-im-internet.de/rohmilchg_tv/BJNR004710021.html

7https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Salmonellose

8https://www.nzz.ch/panorama/coronavirus-1000-partikel-reichen-fuer-eine-infektion-was-das-fuer-weihnachtsfeiern-bedeutet-ld.1588857?reduced=true

9https://www.lzg.nrw.de/_php/login/dl.php?u=/_media/pdf/inf_schutz/infektionsschutz/merkblatt_noroviren_faq_lzg-nrw.pdf

10https://www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/themen/ernaehrung-lebensmittel/infektionsgefahr-rohmilch-immer-abkochen

11https://taz.de/Kommentar-EuGH-Urteil-vegane-Produkte/!5418289/

12https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=191704&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

13https://www.melkberatung.com/fachartikel/zellzahl/

14https://smaxtec.com/de/blog/mastitis/

15https://milchindustrie.de/milkipedia/zellzahl/

16https://www.foodwatch.org/de/foodwatch-report-auch-bio-tiere-massenhaft-krank

17http://bibd.uni-giessen.de/gdoc/2002/uni/p020001.pdf

18https://www.sign-lang.uni-hamburg.de/glex/konzepte/l7543.html

19https://bmcvetres.biomedcentral.com/articles/10.1186/1746-6148-9-200


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