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Reformierung des Tierschutzgesetzes: Unsere Stellungnahme zum unzureichenden Einspruchsgesetz

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat einen Referentenentwurf zur Überarbeitung des Tierschutzgesetzes vorgelegt. In einer Stellungnahme setzt sich Animal Equality für signifikante Verbesserungen und strengere Regelungen ein. Nun gleichen wir ab, welche Forderungen in das aktuelle Einspruchsgesetz eingearbeitet wurden.
März 23, 2024 Aktualisiert: August 5, 2024
rind auf tiertransport Rind auf Tiertransport

Die größte Reformierung des Tierschutzgesetzes seit 10 Jahren ist in vollem Gange. Am 1. Februar 2024 hat das BMEL seinen Entwurf zum neuen Tierschutzgesetz veröffentlicht. Insbesondere das Fehlen eines Verbots von Tiertransporten in Drittländer, die Verzögerung durch langwierige Übergangsfristen und die Beibehaltung der saisonalen Anbindehaltung zeigten, dass der Entwurf hinter den Erwartungen zurückbleibt. Hinzu kommt die ungenaue Definition zentraler Begriffe, wodurch die rechtlich unmissverständliche Deutung erschwert wird und Spielraum für Interpretationen entsteht. Animal Equality hatte am 29. Februar eine Stellungnahme zum damals veröffentlichten Entwurf des Tierschutzgesetzes eingereicht.

Am 24. Mai hat die Bundesregierung den im Koalitionsvertrag verabredeten Gesetzesentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorgelegt. Bis Herbst 2024 soll er verabschiedet werden. Noch handelt es sich bei diesem Tierschutzgesetz um ein Einspruchsgesetz. Die erste Lesung im Bundestag soll im September stattfinden. Der Zeitplan für den Ausschuss und die zweite Lesung ist dann abhängig von den Fortschritten bei den parlamentarischen Verhandlungen. 

Nachfolgend gehen wir auf die in unserer ersten Stellungnahme geforderten Verbesserungen ein und gleichen ab, wie diese im aktuellen Einspruchsgesetz aufgearbeitet wurden.

Wir begrüßen die Pläne des Ministeriums, das Tierschutzgesetz zu überarbeiten. Der aktuelle Entwurf lässt jedoch weiterhin nicht mehr zeitgemäße Praktiken zu und muss dringend nachgebessert werden, wenn Deutschland in Sachen Tierschutz in der EU nicht abgehängt werden will.

Vanessa Raith, Director, Animal Equality Germany

Verbot von Lebendtiertransporten in Drittländer

Tiertransporte in Drittländer führen unweigerlich zu leidenden Tieren, insbesondere bei langen Seereisen in den Nahen Osten und nach Nordafrika. Die deutsche Praxis, trächtige Rinder zu exportieren, steht in der Kritik, da diese oft unter tierschutzwidrigen Bedingungen geschlachtet werden. Animal Equality fordert ein generelles Verbot solcher Transporte und schlägt vor, stattdessen pflanzliche Proteine zu fördern. Internationale Beispiele und rechtliche Möglichkeiten untermauern die Dringlichkeit dieser Maßnahme, um das Wohl der Tiere und die Umwelt zu schützen. Doch Tiertransporte in Hochrisikostaaten bleiben laut aktuellem Einspruchsgesetz erlaubt.

Grundsätzliches Verbot der Anbindehaltung

Das Versprechen, die Anbindehaltung von Rindern, die erhebliche physische und psychische Leiden verursacht, generell zu verbieten, wurde im aktuellen Entwurf zur Tierschutzgesetzesnovelle nicht konsequent umgesetzt. Animal Equality kritisiert die Beibehaltung der saisonalen Anbindehaltung und fordert ein sofortiges, umfassendes Verbot ohne Ausnahmen für Betriebsgrößen, um das Wohl der Tiere zu schützen und eine schnelle Gesetzesumsetzung zu gewährleisten. Diese Forderung wurde im aktuellen Einspruchsgesetz nicht berücksichtigt. Die saisonale Anbindehaltung bleibt unter gewissen Voraussetzungen für bereits entsprechend praktizierende Kleinbetriebe erlaubt. Die ganzjährige Anbindehaltung soll in zehn Jahren untersagt werden. Im letzten Entwurf war jedoch eine Übergangsfrist von „nur“ fünf Jahren ab Inkrafttreten geplant.

Konsequentes Verbot von Amputationen

Animal Equality fordert ein umfassendes Verbot von Amputationen bei Tieren, wie dem Schwanzkupieren bei Schweinen und dem Schnabelkürzen bei Vögeln, da diese Eingriffe lediglich dazu dienen, die Tiere an unzureichende Haltungsbedingungen anzupassen. Das Leid der Tiere wird durch solche Praktiken nicht gemindert. Wir kritisieren die leichte Vergabe von Ausnahmegenehmigungen und betonen, dass bei artgerechter Haltung solche Eingriffe unnötig wären. Ein grundlegendes Verbot wird im Einspruchsgesetz nicht ausgesprochen. So bleibt das Abschneiden des krallentragenden letzten Zehengliedes bei „Masthahnenküken“ während des ersten Lebenstages ohne Betäubung erlaubt. Ferkelschwänze dürfen nur noch in Ausnahmefällen kupiert werden. Doch durch die nicht klar definierten Ausnahmeregelungen lässt man den Veterinärämtern freien Spielraum. Faktisch bleibt damit das betäubungslose Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage alten Ferkeln erlaubt. Ebenso das Abschleifen der Eckzähne von unter acht Tage alten Ferkeln. Dass Verstümmelungen wie das betäubungslose Kürzen des Schwanzes gängige Praxis sind, zeigt auch unsere Undercover-Recherche bei einem von Deutschlands größten Schweinezucht-Betrieben. Das Ausbrennen von Hornanlagen bei Kälbern hingegen soll künftig nur noch unter Betäubung zulässig sein. Im aktuellen Einspruchsgesetz soll das Kupieren von Schwänzen von Lämmern verboten werden.

Verbot von Qualzuchten

Animal Equality kritisiert, dass der Gesetzentwurf zwar Qualzuchtmerkmale bei sogenannten Heimtieren verbietet, jedoch die weitreichenden Probleme bei landwirtschaftlich genutzten Tieren auslässt. Überzüchtung, die zu gesundheitlichen Belastungen führt, wie übermäßige Milchproduktion oder unnatürlich schnelles Wachstum, wird nicht adressiert. Wir fordern ein umfassendes Verbot solcher Praktiken, um das Leiden der Tiere zu beenden. Im Einspruchsgesetz wurde zu dem Verbot eine Liste von Qualzucht-Merkmalen aufgeführt. Diese Definitionen könnten zu Verbesserungen für Heimtiere führen, konkrete Merkmale, die landwirtschaftlich genutzte Tiere betreffen, wurden aber nicht aufgenommen.

Videoüberwachung in Schlachthöfen

Animal Equality unterstützt die Einführung einer flächendeckenden Videoüberwachung in allen Schlachthöfen, um Tierwohlstandards zu überwachen und Missstände aufzudecken. Die Beschränkung auf Betriebe einer bestimmten Größe lehnen wir ab, da Verstöße gegen das Tierwohl nachweislich in Betrieben jeder Größe vorkommen. Wir betonen die Notwendigkeit eines effektiven Prozesses zur Auswertung der Aufnahmen, um Verantwortlichkeiten klar zu definieren und Missstände effektiv bekämpfen zu können. Tierschutzrelevante Bereiche in Schlachthöfen sollen laut Einspruchsgesetz verpflichtend videoüberwacht werden, um die Behörden bei Kontrollen zu unterstützen. Die Ausnahmen für kleinere Betriebe bleiben jedoch bestehen.

Schlachtung von Pferden

Animal Equality deckte auf, dass Pferde in der EU und Mexiko häufig bei Bewusstsein geschlachtet werden, was unnötiges Leiden verursacht. In Deutschland wurden allein 2023 noch 3.374 Pferde geschlachtet, während jährlich über 4.000 exportiert werden, oft unter grausamen Bedingungen. Wir fordern ein Verbot der Schlachtung und des Exports von Pferden für den menschlichen Verzehr, ähnlich dem bereits existierenden Verbot in Griechenland, um das Wohlergehen der Tiere zu gewährleisten. Die Schlachtung von Pferden wird im Einspruchsgesetz weiterhin nicht gesondert behandelt.

Gemeinsam wollen wir – für alle Tiere, die bereits in diesem System leiden –  signifikante Verbesserungen für den Tierschutz erzielen. Als wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Welt, in der alle Tiere respektiert und vor Ausbeutung geschützt sind.

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