Neuer Skandal um Hühnerhaltung bei LIDL: Kampagne geht weiter
Die Ergebnisse einer von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt in Auftrag gegebene Laboruntersuchung ist schockierend.
Das Labor hat Proben von 51 Hühnerfleischprodukten aus 8 LIDL-Filialen in Deutschland untersucht. Die Produkte wurden im Januar und Februar 2023 gekauft. Und die Untersuchung deutet auf ein Gesundheitsrisiko für Verbraucher*innen hin. Alle Proben stammen von Produkten der LIDL-Eigenmarke Metzgerfrisch (sogenannte Haltungsform-Stufe 2, StallhaltungPlus).
Die Ergebnisse der unabhängigen Laboruntersuchung von LIDL-Hühnerfleischprodukten
Das Labor hat die Proben direkt auf das Vorkommen von Bakterien untersucht:
- Auf 1 von 4 Proben (25 %; 13 Proben) wurden die Bakterien Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium nachgewiesen.
- Auf 18 % der Proben (9 Proben) fanden sich Campylobacter-Bakterien.
- 1 Probe (2 %) enthielt Salmonellen.
Weiterhin hat das Labor die Proben auf ein bestimmtes Enzym (ESBL) untersucht, das den Bakterien eine Resistenz gegen bestimmte Antibiotika gibt. Und es hat untersucht, welche resistenten Bakterien in den ESBL-positiven Proben vorkommen:
- Auf mehr als 2 von 3 Proben (71 %; 36 Proben) wurde ESBL nachgewiesen.
- Bei 3 von 4 der auf EBSL-positiven Proben nachgewiesenen resistenten Bakterien (75 %; 27 Proben) handelt es sich um Escherichia coli.
Was die Laborergebnisse bedeuten
Die Laboruntersuchungen zeigen zum einen, dass sich auf 2 von 3 der untersuchten Proben Bakterien befinden, die nicht oder nur schwer mit Antibiotika zu behandeln sind. Bei den dort nachgewiesenen Bakterien handelt es sich vorrangig um Escherichia coli (75 % der EBSL-positiven Proben).
Das Bakterium Escherichia coli ist ein sogenannter Fäkalindikator, der in der Darmflora von Menschen und anderen Tieren vorkommt, und deshalb Verunreinigungen mit Fäkalien anzeigen kann.
Zum anderen zeigt die Untersuchung, dass auf vielen Proben Enterokokken (25 %; 13 Proben), Campylobacter (18 %; 9 Proben) oder Salmonellen (2 %; 1 Probe) vorkommen. In 7 Proben mit Enterokokken (14 %) fand das Labor ebenfalls Hinweise auf eine Antibiotika-Resistenz.
Die nachgewiesenen Bakterien können bei Menschen Krankheiten auslösen
Escherichia coli kann Magen-Darm- oder Harnwegsinfekte auslösen, in schweren Fällen sogar eine sogenannte Blutvergiftung. Enterokokken können Entzündungen der Herzinnenhaut sowie Infekte der Harn- und Geschlechtsorgane auslösen. Campylobacter und Salmonellen sind vor allem verantwortlich für Durchfallerkrankungen.
Gefährdet sind insbesondere Personen mit einem geschwächten Immunsystem. Wenn diese an einer Infektion mit Antibiotika-resistenten Bakterien erkranken, lässt sich die Infektion nur schwer bekämpfen.
2019 waren ESBL-positive Escherichia coli-Bakterien, also genau solche, wie sie jetzt durch das Labor auf LIDL-Hühnerfleischprodukten nachgewiesen wurden, der Hauptgrund für Todesfälle im Zusammenhang mit Antibiotika-resistenten Keimen in Deutschland. Insgesamt sterben in Deutschland jährlich über 45.000 Menschen daran. Zusätzlich können fast 10.000 Tote jährlich direkt auf resistente Erreger zurückgeführt werden.
Doch es gibt noch weitere Probleme mit Resistenzen. Dr. Imke Lührs ist Fachärztin für Innere Medizin, Vorstandsmitglied bei Ärzte gegen Massentierhaltung und ehemalige Sachverständige im Bundestag. Sie kommentierte die Befunde und das Risiko durch Antibiotika-Resistenzen:
Es geht auch darum, dass ein typischer Harnwegsinfekt eines sonst gesunden kleinen Mädchens einen mehrtägigen Krankenhausaufenthalt erforderlich macht, weil orale Antibiotika nicht mehr wirken.
Dr. Imke Lührs, Fachärztin für Innere Medizin
Die Verabreichung von Antibiotika kann zu solchen Verunreinigungen mit resistenten Erregern führen
Tierschutzorganisationen um die Albert Schweitzer Stiftung haben im Jahr 2022 die Lebensbedingungen von Hühnern in den Lieferketten von LIDL dokumentiert und dabei katastrophale Zustände ans Licht gebracht:
Zu sehen sind Tausende Tiere, dicht an dicht gedrängt in kargen Hallen. Die Hühner sind durch die Haltungsbedingungen und Zucht auf enorm schnelle Gewichtszunahme sichtlich geschwächt. Das Bildmaterial zeigt außerdem tote Hühner und durch Ausscheidungen verdreckte Böden.
Wenn Hühner in diesen Hallen erkranken, werden in der Regel alle Tiere gleichzeitig mit Antibiotika behandelt, um gegen eine Ausbreitung der Erreger vorzugehen (sogenannte Metaphylaxe). Das begünstigt die Entstehung von Antibiotika-Resistenzen.
Metaphylaxe kann zu Antibiotika-Resistenzen in Bakterien führen, weil die Antibiotika auch nicht krankheitserregende Bakterien töten. Diese würden sonst mit krankheitserregenden Bakterien konkurrieren. Diese Konkurrenz würde die Vermehrung von Krankheitserregern verlangsamen. Wenn die Konkurrenz mit ungefährlichen Bakterien wegfällt, können sich die Erreger schnell und leicht vermehren. Vor allem bei den vielen geschwächten Tieren auf engem Raum.
„Die Tiere sind auf rasche Produktion von Fleisch, Eiern oder Milch gezüchtet und bei dieser Zucht spielt die Gesundheit der Tiere eine untergeordnete Rolle.“
Dr. Imke Lührs, Fachärztin für Innere Medizin
Die Metaphylaxe fördert also die Vermehrung der resistenten Bakterien und damit die Ausbildung von Resistenzen gegen verwendete Antibiotika.
Die flächendeckende Gabe von Antibiotika ist in der landwirtschaftlichen Tier- und insbesondere Hühnerhaltung weit verbreitet. Deshalb verwundert es nicht, dass das Labor resistente und teils für den Menschen gefährliche Erreger auf dem bei LIDL gekauften Fleisch von Hühnern nachgewiesen hat.
Wie kann das Risiko reduziert werden?
LIDL hat auf die bisherigen Aufdeckungen noch nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen.
Animal Equality fordert LIDL deshalb gemeinsam mit über 20 weiteren Tierschutzorganisationen der Open Wing Alliance weiterhin dazu auf, der Europäischen Masthuhn-Initiative beizutreten.
Damit würde LIDL zumindest einige der grausamsten Standards in der landwirtschaftlichen Hühnerhaltung in den eigenen Lieferketten beenden. Und das Risiko für Antibiotika-Resistenzen reduzieren.
Denn mit dem Beitritt würde LIDL sich unter anderem verpflichten,
- keine auf schnelles Wachstum gezüchtete Hühner mehr einzusetzen.
- den Hühnern mehr Platz zur Verfügung zu stellen.
Diese Maßnahmen reduzieren das Krankheitsrisiko für die Hühner und führen so zu einer verringerten Gabe von Antibiotika. Dadurch sinkt das Risiko, dass sich Resistenzen gegen Antibiotika bilden.
Hilf den Hühnern
Den einfachsten und trotzdem effizientesten Schritt für die Hühner können jedoch wir als Verbraucher*innen gehen – jeden Tag. Indem wir uns mit unserer täglichen Ernährung klar gegen Grausamkeit und Ausbeutung von Hühnern positionieren. Denn Tierschutz beginnt auf unseren Tellern!
Wähle MiTGEFÜHL
Hühner sind neugierige Tiere, die enge Bindungen zu anderen Tieren aufbauen und sich nachweislich in andere Hühner einfühlen können. Schütze diese sensiblen und sozialen Tiere, indem du dich für pflanzliche Alternativen entscheidest.
Um gleichzeitig so vielen Hühnern wie möglich in einem ersten Schritt wenigstens die schlimmsten Grausamkeiten zu ersparen, setzen wir gleichzeitig jetzt unsere Kampagne gegen LIDL fort.
Fordere deshalb gemeinsam mit uns, dass sich LIDL der Europäischen Masthuhn-Initiative anschließt. Für die Hühner, die unter den aktuellen Bedingungen leiden. Aber auch für die Gesundheit der Menschen.
Unterschreibe die Petition, damit LIDL sich endlich für die Hühner einsetzt.
Fordere LIDL auf, das Leiden von Hühnern in seinen Lieferketten zu verringern!