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Tierschutzorganisationen fordern Kükentötenverbot im EU-Parlament
Januar 20, 2023
18 europäische Tierschutzorganisationen, darunter Animal Equality, haben sich zusammengeschlossen, um im Europäischen Parlament eine neue Gesetzgebung zum Verbot der Tötung männlicher Küken zu fordern. Jedes Jahr werden in Europa 300 Millionen Küken geschlachtet, weil sie für die Eierindustrie keinen Wert haben.
Die Europäische Kommission wird noch in diesem Jahr einen neuen Gesetzesvorschlag zum Tierschutz vorlegen. Die Organisationen hoffen, dass der Vorschlag ein EU-weites Verbot der Tötung männlicher Küken enthalten wird. Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Österreich haben diese Praxis bereits verboten.
Die Forderung nach einem EU-weiten Verbot des Kükentötens haben Animal Equality und die 18 weiteren Tierschutzorganisationen auf einer von L214, einer französischen Tierschutzorganisation, und dem Europäischen Institut für Tierrecht und Tierpolitik („European Institute for Animal Law and Policy“) organisierten Veranstaltung im EU-Parlament gestellt.
Unterstützt wurde die Veranstaltung von Abgeordneten wie Niels Fuglsang (S&D, Dänemark), Francisco Guerreiro (Grüne/EFA, Portugal), Sirpa Pietikäinen (EVP, Finnland) und Michal Wiezik (Renew, Slowakei) sowie von Expert*innen für Tierschutz und technologische Alternativen für das Kükentöten.
Alle Teilnehmer*innen sprachen sich dafür aus, dass die Tötung männlicher Küken in der Eierindustrie unethisch ist und verboten werden muss.
Jedes Jahr werden in Europa 300 Millionen Küken am Tag ihrer Geburt geschlachtet, weil sie für die Eierindustrie nicht „profitabel“ sind. Sie legen keine Eier und gehören zu langsam wachsenden Zuchtlinien, die für die Produzent*innen von Fleisch von Hühnern unrentabel sind.
Das Ziel dieser Veranstaltung ist es, die Europäischen Institutionen zu mobilisieren, damit die Tötung von Küken wirklich ein Ende nimmt. Bis ein EU-weites Verbot verhängt wird, können die Mitgliedstaaten nationale Verbote verhängen, wie es Frankreich derzeit tut, während sie die Tötung von Küken anderswo weiterhin erlauben. Bürger*innen fordern strenge Verbote ohne Ausnahmen, um derart grausamen Praktiken wirklich ein Ende zu setzen.
Brigitte Gothière, Mitbegründerin von L214
Einige Länder haben diese Praxis bereits verboten, wie Deutschland – wo sie seit Ende 2021 nicht mehr erlaubt ist – und Österreich, Luxemburg und Frankreich. Auch in Italien hat der Kongress im letzten Sommer nach einer intensiven Kampagne von Animal Equality mit großer Mehrheit beschlossen, die routinemäßige Tötung von Küken zu verbieten.
Das Verbot des Schlachtens von Küken war ein historischer Durchbruch in Italien, der nun auf die gesamte Europäische Union ausgeweitet werden muss. Tiere sind empfindsame Wesen, Individuen, die nicht wie Industrieabfall betrachtet werden dürfen. Die Europäischen Institutionen müssen sich in ihrer neuen Gesetzgebung einem Verbot verpflichten und die schrittweise Einführung von Technologien unterstützen, die diesem grausamen und systematischen Abschlachten ein Ende setzen können.
Ein neuer Vorschlag für die Tiergesetzgebung im Jahr 2023
Die Europäische Kommission wird 2023 einen neuen Gesetzesvorschlag zum Tierschutz in der EU vorlegen. Tierschutzorganisationen hoffen, dass er unter anderem ein EU-weites Verbot des Kükentötens enthalten wird.
Die für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides kündigte im Oktober letzten Jahres an, dass die Europäische Kommission einen Vorschlag vorlegen wird, um die „beunruhigende“ Praxis der systematischen Tötung von männlichen Küken in der gesamten EU zu beenden.
Es bleibt jedoch noch einiges zu tun. Die Gegner einer Änderung argumentieren, dass die Eindämmung steigender Preise und der Inflation dem Tierschutz vorgezogen werden muss – weil Eier durch das Verbot teurer werden würden. Das wären wenige Cents pro Ei. Im Februar 2022 lehnte das Europäische Parlament bei der Abstimmung über den Umsetzungsbericht zum Tierschutz in landwirtschaftlichen Betrieben einen Änderungsantrag für ein Verbot des Schlachtens von Küken ab.
Die Technologie, die das Schlachten von Küken verhindert, gibt es bereits
Die wachsende Ablehnung des Kükentötens in der Bevölkerung in den vergangenen Jahren hat die Suche nach technologischen Alternativen beschleunigt. Und den Fortschritt vorangetrieben, der jetzt Realität ist.
Die technologische Alternative zum Kükentöten wird In-Ovo-Sexing genannt. Mit der Technologie ist es möglich, das Geschlecht des Hühnerembryos bereits im Ei zu bestimmen. Auf diese Weise werden die Eier, aus denen männliche Küken entstehen würden, aussortiert und nicht weiter bebrütet.
Das Schlachten von männlichen Küken ist eine der grausamsten Praktiken in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Dank des technologischen Fortschritts ist die systematische Tötung von Küken heute jedoch auch eine überholte – und selbst für die Industrie, die sie fortführen will, unnötige – Praxis.
Küken zu töten, wurde zum 01.01.2022 in Deutschland verboten.
Es liegen jedoch kaum Daten darüber vor, was mit diesen Küken jetzt geschieht. Es bleibt also noch unklar, was für Folgen das Verbot in Deutschland für die Küken wirklich hat. Wir drängen darauf, diese Küken nicht der Grausamkeit der landwirtschaftlichen Tierhaltungsindustrie auszusetzen. Unterschreibe jetzt unsere Petition und stehe gemeinsam mit uns an der Seite dieser Küken.
Kükenleid verhindern!
Unterschreibe jetzt und fordere mit uns, das Leid von Küken wirklich zu verhindern und nicht nur den Moment ihrer Tötung zu verzögern.
Deine Unterschrift werden wir mit allen anderen an den Bundesminister Cem Özdemir überreichen.
Männliche Küken sind für die Eierindustrie „unrentabel“, weil sie weder Eier legen können noch zur für die Fleischproduktion gezüchteten Rasse gehören. Deshalb werden auf der Welt pro Jahr bis zu 7 Milliarden männliche Küken in den ersten Stunden ihres Lebens getötet. Allein in Deutschland wurden aus diesem Grund etwa 45 Millionen Küken mit CO₂ vergast – Jahr für Jahr.
Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes (TierSchG) wurde dem TierSchG der § 4c hinzugefügt, der am 01.01.2022 in Kraft getreten ist. Der neue Paragraf verbietet, Küken von Haushühnern zu töten – ein lange überfälliges Verbot, weil das Kükentöten allgemein zu den grausamsten weitverbreiteten Praktiken der Tierhaltungsindustrie zählt. Die Bundesrepublik Deutschland nimmt mit dem Verbot eine Vorreiterrolle ein: Aktuell sind Deutschland und Frankreich, wo das Kükentöten ebenfalls zum 01.01.2022 verboten wurde, die einzigen Länder, in denen männliche Küken nicht mehr getötet werden dürfen. Das italienische Parlament hat im August 2022 nach langer Kampagnenarbeit von Animal Equality beschlossen, das Kükentöten in Italien ab 2026 zu verbieten.
Die Ausgestaltung des § 4c TierSchG hat jedoch unvorhergesehene Schlupflöcher entstehen lassen, durch die das Verbot zum Kükentöten teilweise umgangen oder durch neue leidvolle Verfahrensweisen ersetzt wird:
Männliche Küken werden in Reaktion auf das Verbot des Kükentötens aktuell regelmäßig nach Polen exportiert und zur Fleischproduktion genutzt. Neben der zusätzlichen Belastung der Tiere durch den Lebendtransport unterliegen die Haltungsbedingungen dort auch noch weniger strengen Tierschutzkriterien.
Aktuell haben deutsche Konsument*innen jedoch keine Möglichkeit, sich beim Kauf von Eiern darauf verlassen zu können, dass für das Produkt keine männlichen Küken getötet wurden. Erstens, weil Eier „mit Kükentöten“ insbesondere in der Direktvermarktung, zum Beispiel auf Wochenmärkten, noch verbreitet sind. Zweitens, weil weibliche Küken aus den Niederlanden und Ungarn nach Deutschland importiert werden und dort das Kükentöten erlaubt ist. Diese Vorgehensweise zeigt außerdem, dass die Bundesregierung sich für ein Europa-weites Verbot des Kükentötens einsetzen muss.
Etwa drei Viertel der Küken werden als sogenannte „Bruderhähne“ gehalten. Die Tiere werden also nicht als Küken, sondern einfach später getötet. Dadurch droht sogar, dass in der Summe mehr Leid für Hühner verursacht wird: Ein Großteil der Hühner, die in Deutschland für die Fleischproduktion gehalten werden, fristet ein trauriges Dasein in Bodenhaltung, zumeist in geschlossenen Ställen, in denen Frischluft nur über Belüftungsanlagen und Tageslicht – wenn überhaupt – durch Fenster zu den Tieren dringt. Hühner aus der „Bruderhahnaufzucht“ setzen deutlich langsamer und weniger Fleisch an als Hühner, die in der konventionellen Fleischproduktion eingesetzt und nach lediglich 5 Wochen getötet werden, weil sie bereits ein hohes „Schlachtgewicht“ erreicht haben. Hühner aus der „Bruderhahnaufzucht“ erreichen nach ca. 22 Wochen ein wesentlich niedriges „Schlachtgewicht“. Es gibt bisher noch keine handfesten Daten, wie die „Bruderhähne“ seit dem Verbot des Kükentötens gehalten werden. Da sie jedoch erst nach etwa 22 Wochen geschlachtet werden, ist es teurer, sie für die Fleischproduktion zu nutzen – und damit für die Tierhaltungsindustrie deutlich weniger rentabel als die Haltung der auf Fleischproduktion gezüchteten Hühner. Dazu ist die Haltung der „Bruderhähne“ nicht ausreichend reguliert. Daher ist davon auszugehen, dass die Tiere unter schlechten Haltungsbedingungen leiden müssen. Zudem werden viele Tiere nach Osteuropa exportiert, wo die Haltungsbedingungen von Hühnern noch weniger Vorschriften unterliegen. Eine verlängerte Dauer der Haltung bedeutet für die Tiere also einen erheblich längeren Aufenthalt unter nicht ausreichend regulierten Haltungsbedingungen und dadurch größeres Leid. Dazu kommt, wie bei allen geschlachteten Hühnern, unzureichender Schutz bei der Schlachtung, insbesondere in puncto Fehlbetäubungen.
Durch die längere Haltung benötigen die „Bruderhähne“ fast die vierfache Menge an Futter und scheiden deshalb wesentlich mehr aus. Dadurch potenzieren sich die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Die CO₂-Emission bei der Fleischproduktion mit „Bruderhähnen“ ist etwa dreimal höher.
Die männlichen Küken zur Fleischproduktion zu nutzen, hat also lediglich zur Folge, dass die Tiere später getötet werden und ein leidvolles Leben in der industriellen Tierhaltung führen – mit negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Das Gleiche gilt für sogenannte „Zweinutzungshühner“, also Rassen, bei denen die weiblichen Tiere für die Eier- und die männlichen Tiere für die Fleischproduktion genutzt werden sollen. Auch hier dauert die Fettfütterung länger und verbraucht wesentlich mehr Futter. Die Entwicklung von Zweinutzungsrassen ist außerdem nicht so weit, dass sie für die Industrie eine realistische Alternative darstellt.
Eine mögliche Alternative für das Kükentöten, die ohne die leidvolle Haltung der Küken in engen Hallen auskommt, ist die In-Ovo-Geschlechtsbestimmung. Bei der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung wird das Geschlecht des Hühnerembryos bereits im Ei festgestellt – Eier, aus denen die männlichen Küken entstehen würden, können so aussortiert und nicht weiter bebrütet werden.
Am 01.01.2024 tritt jedoch im Zuge der Gesetzesänderung der § 4c Abs. 3 TierSchG in Kraft, der die Anwendung der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung ab dem siebten Bebrütungstag verbietet. Keine der bisher entwickelten Methoden ist in der Lage, das Geschlecht des Embryos zu so einem frühen Zeitpunkt zu bestimmen.
Viele Betriebe stellen ihre Produktion daher erst gar nicht auf In-Ovo-Geschlechtsbestimmung um, da auch die diese Methodiken entwickelnden Unternehmen nicht versprechen können, die Vorgaben von § 4c Abs. 3 TierSchG rechtzeitig zu erfüllen.
Der § 4 TierSchG muss im Rahmen des Tierschutzes als Staatsziel sicherstellen, dass weniger Hühner, egal, wie alt sie sind, leiden und getötet werden. Die In-Ovo-Geschlechtsbestimmung ist dazu die derzeit geeignetste Methode. Diese Methode darf nicht durch eine unpräzise Gesetzgebung blockiert werden.
Wir fordern daher, § 4c Abs. 3 TierSchG so anzupassen, dass der letzte Bebrütungstag, bis zu dem es erlaubt ist, „bei oder nach der Anwendung eines Verfahrens zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei [...] den Tod des Hühnerembryos [zu] verursach[en]“, schrittweise verkürzt wird.
Ein Verbot ab dem 7. Bebrütungstag – wie aktuell im Gesetz vorgesehen – unterliegt jedoch einer Annahme, die nicht auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Die Bundestierärztekammer (BTK) verweist darauf, dass das angenommene Einsetzen des Schmerzempfindens des Embryos im Ei ab dem 7. Tag wissenschaftlich umstritten ist. Die BTK argumentiert deshalb, auch Verfahren zur In-Ovo-Geschlechtsbestimmung nach über 9 Tagen als „Brückentechnologie“ zuzulassen, insbesondere um die belastenden Lebendtransporte der Tiere zu vermeiden.
Wir fordern daher, das Beenden der Bebrütung nach Geschlechtsbestimmung im Ei im ersten Schritt bis zum 10. Tag zu erlauben. Denn am 11. Tag hat sich das Schmerzempfinden des Embryos laut einer Untersuchung an der Universität Leipzig vollständig ausgebildet. Dieser erste Schritt gilt ab dem 01.01.2024. Ab dem 01.01.2026 bleibt das Verfahren bis zum 8. Tag erlaubt, ab dem 01.01.2028 dann bis zum 6. Tag – das entspricht der zweiten Stufe des aktuell geltenden Gesetzes, die am 01.01.2024 in Kraft treten soll. So bleibt genügend Zeit für die Entwicklung von Verfahren, mit denen die Geschlechtsbestimmung im Ei früher gelingt.
Es ist natürlich im Sinne der Tiere – und ressourcenschonend –, die In-Ovo-Geschlechtsbestimmung so früh wie möglich durchzuführen. Zu diesem Zweck muss dem Gesetz ein Evaluierungsparagraf hinzugefügt werden, um (i) den Fortschritt in der Entwicklung von Methoden der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung zu evaluieren und (ii) Statistiken über die Verfahren zur Vermeidung des Kükentötens zu erheben. Damit kann der Erfolg der Gesetzesanpassung in puncto Tierschutz ausgewertet und das Gesetz auf Basis dieser Erkenntnisse angepasst werden.