Radprofi Simon Geschke: “Mit veganer Ernährung fühle ich mich besser”
Vegane Ernährung macht müde und schlapp? Ganz im Gegenteil! Ein gutes Beispiel dafür, wie fit Menschen mit pflanzlicher Ernährung sein können, ist der deutsche Radprofi Simon Geschke, der große Rennen wie die Tour de France oder die Santos Tour Down Under fährt. Seit mehr als drei Jahren ernährt sich der Sportler rein pflanzlich und erzielt dabei Topleistungen. Im Gespräch mit Animal Equality verrät Simon, wie er zu einer veganen Ernährung kam und warum es sich auf jeden Fall lohnt, es einfach Mal auszuprobieren.
Lieber Simon, du hast dich vor einiger Zeit dazu entschieden, auf eine vegane Ernährung umzusteigen. Wie kam es dazu?
Die Entscheidung fiel bei mir nicht von einem Tag auf den anderen. 2016 entschied ich mich dazu, die pflanzliche Ernährung einmal selbst zu testen.
Ich hatte u.a. den Film Cowspiracy gesehen und mir vor Augen geführt, was mit den Tieren in “Nutztierhaltung” tatsächlich gemacht wird. Und ich habe mich darüber informiert, welche Auswirkungen die Tierhaltung heute auf die Umwelt hat: der immense Wasserverbrauch, die vielen Emissionen. Vieles wird durch die Industrie bewusst von der Öffentlichkeit ferngehalten. Wir haben ein Stück Fleisch auf dem Teller, doch die Folgen sind viel weitreichender. Die Fakten sprechen für sich.
Erst dachte ich, Veganismus ist nichts für mich. Als Sportler*in beschäftigt man sich ja sowieso ständig mit Ernährung. Es ist quasi Teil des Berufs, sich gesund und ausgewogen zu ernähren. Dann bin ich auf verschiedene Studien gestoßen und hab immer mehr gehört und viel darüber gelesen, dass vegane Ernährung definitiv mit Sport vereinbar und sogar sehr gesund ist. Veganismus hat viele positive Auswirkungen auf den Körper und ist eine der gesündesten Ernährungsformen überhaupt.
Wieso ist ein Verzicht auf Fleisch und andere tierische Produkte heute so wichtig?
Wir waren vorher nie in der Situation, dass 7 Milliarden Menschen auf der Welt leben und jeden Tag Fleisch essen wollen. Die Ressourcen reichen dafür einfach nicht aus. Als Menschen angefangen haben Fleisch zu essen, war das etwas völlig anderes. Damals gab es die Massentierhaltung nicht, die jetzt so viele Tiere leiden lässt und zum Klimawandel beiträgt. Selbst wenn Menschen schon immer Fleisch gegessen hätten: In diesem Ausmaß ist Fleischkonsum nicht zu rechtfertigen, besonders nicht, wenn es auch anders geht.
Ist dir die Umstellung schwer gefallen?
Ich habe schnell gemerkt, dass es überhaupt kein Problem ist, auf Fleisch und Milchprodukte zu verzichten. Also bin ich dabei geblieben. Am Anfang habe ich sogar noch ein paar Mal im Jahr Fleisch oder Käse gegessen, aber ich konnte es gar nicht mehr genießen. Wenn ich die Bilder der Tiere im Kopf hatte, habe ich mich fast schon geekelt. Viele Menschen denken, es ist schwer, sich vegan zu ernähren, weil man auf etwas verzichten muss. Aber wer einmal umdenkt, merkt, dass man auf gar nichts verzichten muss. Man ist einfach froh, etwas anderes essen zu können und nicht zum Tierleid und der Zerstörung der Umwelt beizutragen.
Viele sagen immer noch, sie können sich nicht vorstellen, nur noch Bohnen zu essen. Aber es ist ja heute überhaupt nicht mehr so, dass man als Veganer*in nur Bohnen essen muss, um Proteine zu bekommen. Mit Beyond Meat und Co. gibt es heute zum Beispiel ein vielfältiges Angebot an Fleischalternativen. Und alles, was man sonst auch gegessen hat, kann man mittlerweile vegan machen. Es ist nicht mehr so, wie vor zehn, zwanzig Jahren. Damals war es schon noch anstrengender, vegan zu leben. Mittlerweile gibt es auch im Supermarkt so viel und durch das Internet sind Informationen viel leichter zugänglich geworden. Das Internet ist voller pflanzlicher Rezepte.
“Es gibt wahrscheinlich wenige Menschen die körperlich mehr leisten, als Profisportler*innen. Wenn wir mit veganer Ernährung solche Leistungen erbringen können, fällt die Ausrede schon mal weg, dass eine fleischlose Ernährung Menschen schlapp werden lässt. Diese Ausrede muss man heute also nicht mehr durchgehen lassen.“
Wie haben dein Team und Menschen in deinem Umfeld reagiert?
Am Anfang ein wenig mit Unverständnis. Leider herrscht im Sport immer noch das alte Missverständnis, der Mensch brauche Fleisch, aufgrund der Proteine. Fleisch ist daher auf den Tellern noch immer Gang und Gäbe. Im Sport herrscht auch heute noch die Meinung vor, Topleistungen seien mit rein pflanzlicher Kost nicht zu erreichen. Obwohl es bereits zahlreiche Studien und viele lebende Beispiele gibt, die das Gegenteil beweisen. Milchprodukte hingegen, ersetzen viele Sportler*innen mittlerweile schon durch pflanzliche Alternativen. Der Mythos, Milch sei wichtig für die Gesundheit, hält sich also nicht mehr wirklich.
Was isst ein Radprofi auf Tour?
Im Ausdauersport geht hauptsächlich um Kohlenhydrate und Proteine. Nudeln, Reis, Quinoa, Couscous, Kartoffeln, Süßkartoffeln. Wenn unser Team-Koch für andere Fisch oder Fleisch zubereitet, gibt es für mich oft Tofu oder andere leckere Alternativen. Außerdem gibt es mittlerweile auch viele vegane Proteinshakes, die ich nach dem Fahren zu mir nehmen kann.
Wie hat sich die pflanzliche Ernährung auf deine sportlichen Leistungen ausgewirkt?
Das Beste nach meinem Wechsel zum Veganismus war, dass meine Leistungen konstant geblieben sind. Ein gutes Beispiel dafür, dass es halt geht. Zu sehen, dass ich trotz der Umstellung in guter Form bin, war für mich der ausschlaggebende Punkt zu sagen, ja, ich bleibe jetzt dabei. Ich fühle mich mit pflanzlicher Ernährung nach wie vor viel besser, alleine vom Kopf her.
“Es gibt wahrscheinlich wenige Menschen die körperlich mehr leisten, als Profisportler*innen. Wenn wir mit veganer Ernährung solche Leistungen erbringen können, fällt die Ausrede schon mal weg, dass eine fleischlose Ernährung Menschen schlapp werden lässt. Diese Ausrede muss man heute also nicht mehr durchgehen lassen.”
Konntest du schon andere Sportler*innen zu pflanzlicher Ernährung inspirieren?
Ich war damals wohl einer der Ersten im Radsport, die angefangen haben, sich rein pflanzlich zu ernähren. Und auch heute ist Veganismus im Radsport noch nicht so weit verbreitet. Anfangs habe ich das gar nicht groß nach außen kommuniziert. Mein Team wusste von der Umstellung, andere Fahrer nicht. Mittlerweile kommen viele auf mich zu und fragen mich nach Tipps und danach, wie ich meine Ernährung gestalte. Sie dachten, vegane Ernährung sei im Leistungssport nicht möglich und waren überrascht zu erfahren, dass ich schon seit drei Jahren vegan lebe und sehr gute Leistungen erbringe.
Durch die Doku The Game Changers sind mittlerweile viele auf das Thema aufmerksam geworden und möchten die vegane Ernährung selbst einmal ausprobieren. Profisportler*innen sind generell immer offen und interessiert an gesunder Ernährung. Selbst bei vielen Leuten die vehement gegen Veganismus waren, merkt man, dass es sie im Unterbewusstsein beschäftigt und sie insgeheim etwas ändern wollen.
Hast du an manchen Orten Probleme, die vegane Ernährung umzusetzen?
Im Restaurant kann man ja eigentlich immer etwas Veganes bestellen. Ich nutze auch die Happy Cow App, mit der man in überall auf der Welt Restaurants finden kann, die ein veganes Angebot haben. Schwierig ist es ab und an noch, wenn man viel unterwegs ist, an Flughäfen, Autobahnraststätten etc.. Es ist zwar schon besser geworden, aber immer noch ein weiter Weg.
Gibt es etwas Motivierendes, was du Menschen mit auf den Weg geben möchtest?
Zieht es einige Wochen konsequent durch und ihr könnt sehen, wie es euch mit pflanzlicher Ernährung geht. Schließlich hat man überhaupt nichts zu verlieren, wenn man es einfach mal 2 – 4 Wochen ausprobiert. Dann könnt ihr auch sehen, dass man als Veganer*in mehr essen kann, als Salat. Im Gegenteil: Ich habe sogar das Gefühl, dass ich jetzt um einiges vielfältiger und bewusster esse.
Vielen Dank Simon für das Teilen deiner persönlichen Geschichte und deinen Einsatz für die Tiere. Das Team von Animal Equality wünscht dir weiterhin viel Erfolg und volle (Pflanzen-) Power für die Zukunft!