Mutterschaft: Das Leben einer Mutter in der Tierhaltungsindustrie
Millionen der Tiere, die jedes Jahr in landwirtschaftlichen Betrieben auf der ganzen Welt gehalten und getötet werden, sind Mütter. Aber in der landwirtschaftlichen Tierhaltung wird ein weibliches Tier, das ein Kind zur Welt bringt, gar nicht als Mutter betrachtet. Stattdessen wird eine solche Mutter als reine Gebärmaschine betrachtet, die nur einen einzigen Lebenszweck hat: immer und immer wieder (meist künstlich) befruchtet zu werden, um Kinder zu gebären, damit die Menschen ihre Milch oder das Fleisch ihrer Babys zu sich nehmen können. Sie werden also zum Kinderkriegen gezwungen.
Mutterrinder in der Milchindustrie
Alle Rinder, die in der Milchindustrie genutzt werden, sind Mütter. Und genau wie bei Menschen produziert ein Rind nur Milch, wenn sie ein Baby hat. Sobald sie schwanger ist, trägt sie ihr Baby neun Monate lang in ihrem Bauch, bevor sie es zur Welt bringt – im Schnitt etwa zwei Wochen länger als eine menschliche Mutter.
Nach der Geburt beginnt sie, Milch für ihr neugeborenes Kalb zu produzieren – Milch, die ihr Baby in den ersten 10 Monaten seines Lebens trinken würde. In Milchbetrieben darf sie die von ihr produzierte Milch jedoch nicht an ihr Baby weitergegeben; sie wird für den menschlichen Verzehr abgefüllt. Deshalb wird ihr Kalb von ihr getrennt – oft nur wenige Stunden oder Tage nach der Geburt – und gegen eine Melkmaschine ausgetauscht, die an ihre Zitzen angeschlossen wird.
Um eine unnatürlich hohe Milchproduktion andauernd zu gewährleisten, wird sie jeweils etwa drei Monate nach der Geburt eines Kalbs erneut befruchtet. Durch diesen wiederkehrenden Zyklus gibt ein Rind in der deutschen Milchindustrie im Jahr insgesamt fast 8500 Liter Milch – das sind im Schnitt über 23 Liter pro Tag. Das ist fast viermal mehr als noch vor hundert Jahren. Die durchschnittliche Milchproduktion pro Rind steigt immer noch jährlich weiter an. Die Milchindustrie versucht, jeden einzelnen Tropfen aus jedem einzelnen Tier herauszupressen.
Dieser Zyklus wird im Durchschnitt zwei- bis dreimal wiederholt, bis das Rind – erschöpft von den wiederholten Schwangerschaften, Geburten und der unnatürlich hohen Milchproduktion – krank oder unfruchtbar und deshalb getötet und etwa als billiges Hackfleisch verkauft wird.
Die Trennung von Rindern und ihren Kälbern stellt sowohl für die Mutter als auch für ihr Baby eine große Belastung dar. Bei mehreren von Animal Equality durchgeführten Recherchen wurden Mutterrinder und ihre neugeborenen Kälber dabei gefilmt, wie sie stundenlang verzweifelt nacheinander riefen oder vergeblich nacheinander suchten. Diese Szenen können nur als herzzerreißend bezeichnet werden.
Mutterschweine in der Fleischindustrie
Die Fleischindustrie nutzt weibliche Schweine, um Ferkel für den menschlichen Verzehr zu gebären. Das bedeutet, dass diese Schweine während ihres gesamten Lebens mehrmals im Jahr (meist) künstlich befruchtet werden. Auch sie werden zum Kinderkriegen gezwungen.
Die Schweine dürfen in Deutschland vor und nach der Geburt in winzige Kastenstände eingesperrt werden, in denen sie nicht einmal die einfachsten Verhaltensweisen ausführen können, wie etwa laufen oder sich umdrehen. In diesen elenden, unnatürlichen Umgebungen gebären sie und sind gezwungen, ihre Ferkel zu säugen, während sie hinter Gittern eingesperrt sind. Vom Moment der Befruchtung bis zum Ende des Säugens vergehen bei Schweinen etwa 21 Wochen. Bis zu 10 Wochen davon dürfen die Tiere in Deutschland in Kastenständen eingesperrt werden – im Schnitt werfen sie pro Jahr 2,3 Mal. Insgesamt verbringen sie also bis zu fünf Monate im Jahr in solchen engen Kastenständen. Das betrifft etwa 90 % der fast 1,8 Millionen Schweine, die in Deutschland Ferkel nur für die Fleischproduktion auf die Welt bringen müssen. Im europäischen Ausland sieht die Situation für die Schweine ähnlich aus.
Es wurde 2020 zwar vom Bundesrat beschlossen, dass die Kastenstandhaltung auf maximal fünf Tage pro Geburt reduziert werden soll. Der Beschluss tritt jedoch nach einer langen Übergangsphase erst im Jahr 2035 in Kraft.
Mutterhühner in der Eierindustrie
Untersuchungen haben gezeigt, dass Hühner ihre Mutterrolle ernst nehmen und sehr beschützende Mütter sind. Wenn die Küken in Not sind, reagiert ein Huhn darauf körperlich und einfühlsam: Ihr Herzschlag erhöht sich und sie beginnt, nach ihren Küken zu rufen. Den Hühnern in der Eierindustrie wird die Möglichkeit, Mütter zu sein, verwehrt, da ihr einziger Lebenszweck darin besteht, Eier für den menschlichen Verzehr zu produzieren.
Seit Langem wurden Hühner dafür gezüchtet, möglichst viele Eier zu produzieren. Die Stammform, von der alle heute in der landwirtschaftlichen Tierhaltung genutzten Hühner abstammen – das Bankivahuhn – legt im Jahr nur 20 bis 30 Eier. Je nach Quelle sogar nur bis zu 8 Eier.
Die fast 44 Millionen Hühner auf Eierbetrieben in Deutschland legen mittlerweile im Schnitt jeweils über 300 Eier im Jahr – über zehnmal mehr. Es spielt auch kaum eine Rolle, ob es sich dabei um „Bio-Eier“ (im Schnitt 293 Eier im Jahr pro Huhn) oder Eier aus Käfighaltung (im Schnitt 310 Eier im Jahr pro Huhn) handelt. Das verursacht den Tieren chronischen Calcium-Mangel, der sich vermutlich insbesondere auf ihre Knochen auswirkt: Eine Studie mit 150 Hühnern über zehn Monate hat kürzlich ergeben, dass fast alle Tiere sich in dieser Zeit das Brustbein gebrochen hatten, im Schnitt hatten sie insgesamt drei Knochenbrüche. Einzelne Tiere hatten bis zu elf Knochenbrüche – mehr als einen Bruch pro Monat. Betroffen waren alle Haltungsformen.
Die Hühner leben in der Regel nicht länger als zwei Jahre, weil dann die sogenannte „Legeleistung“ nachlässt, sie werden durch „rentablere“ Tiere ersetzt. Sonst könnten Hühner bis zu 7 Jahre alt werden.
Weiblichen Küken nehmen also den Platz ihrer Mütter ein, damit die Eierproduktion unbegrenzt weitergehen kann. Männliche Küken hingegen, die keine Eier produzieren können, sind für die Industrie entbehrlich, sie werden getötet. Deshalb werden sie kurz nach dem Schlüpfen in Müllsäcke geworfen, wo sie ersticken oder erdrückt werden. Viele werden mit CO₂ vergast, durch Stromschläge oder Genickbruch getötet, oder geschreddert und bei lebendigem Leibe zerfetzt. So werden weltweit pro Jahr bis zu 7 Milliarden Küken getötet.
Deutschland und Frankreich haben sich mittlerweile dazu verpflichtet, diese Praktiken zum 01.01.2022 zu verbieten und stattdessen die In-ovo-Sexing-Technologie einzusetzen. Diese Technologie ermöglicht es, das Geschlecht der Küken vor dem Schlüpfen zu bestimmen und die Eier mit männlichen Embryonen zu vernichten und in der Tierfutterproduktion zu verarbeiten, bevor die Küken zur Welt kommen. Und obwohl Frankreich und Deutschland auch die anderen EU-Ländern zu einem Verbot aufforderte, und dieser Vorstoß von Irland, Luxemburg, Österreich, Portugal und Spanien unterstützt wurde, bleibt diese Praxis in vielen anderen Ländern nach wie vor legal. Auch in Deutschland sind die konkrete Umsetzung sowie die Auswirkungen des Verbots, und damit das Schicksal der Küken, derzeit noch ungewiss. Teilweise werden männliche Küken ins Ausland exportiert und dort getötet oder Eier aus dem Ausland importiert, wo männliche Küken getötet werden dürfen.
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Wie Menschen sind auch Tiere in der Lage, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, ihre Babys zu säugen und einander zu lieben und Liebe zu zeigen. Aber landwirtschaftliche genutzte Tiere haben nicht die Freiheit, über ihr eigenes Leben oder die ihrer Kinder zu entscheiden. Stattdessen trifft die Tierhaltungsindustrie diese Entscheidungen für sie, trennt sie, verstümmelt sie und tötet sie.
Hilf uns, diese Mütter zu schützen, indem du eine Spende tätigst. Eine Spende, egal wie hoch, hilft uns, gemeinsam einen großen Einfluss auf ihre Leben zu nehmen. Sie bringt uns der Welt näher, die wir uns vorstellen: Eine Welt, in der alle Tiere respektiert und vor Ausbeutung geschützt sind. Eine Welt, in der Müttern ihre Kinder nicht weggenommen werden.