Schweine im Kastenstand
Schweine im Kastenstand

Alles über Kastenstände und warum sie das Leben von Mutterschweinen zur Qual machen


Harte Metallstäbe drücken schmerzhaft gegen ihre Körper. Ein kleiner Schritt nach vorn und zurück, das war’s. Umdrehen ist unmöglich. Hinlegen oftmals schwierig – und schmerzvoll. Es gibt nur Enge und Tristheit. Das ist die grausame Lebensrealität von Millionen Mutterschweinen in Deutschland und vielen anderen Ländern. Sie fristen einen Großteil ihres Lebens eingesperrt in Kastenständen. Was das für die Tiere bedeutet, wie die gesetzlichen Regelungen sind und was wir für die Tiere fordern, liest du in unserem Artikel.

Was sind Kastenstände?

Kastenstände sind enge Metallkäfige, in denen weibliche Schweine in der Zucht fixiert werden. In Deutschland verbringen viele Mutterschweine jährlich rund 5 Monate im Jahr in diesen engen Käfigen. Einmal im sogenannten Deckzentrum, wo die weiblichen Schweine in einzelnen Käfigen gefangen sind und künstlich besamt werden. Und im sogenannten Abferkelstall rund um die Geburt. Hier kommen sogenannte Ferkelschutzkörbe zum Einsatz. Das sind Buchten, in denen die Ferkel sich zwar etwas bewegen können; die Mutter ist innerhalb des Ferkelschutzkorbes aber in einem Metallkäfig fixiert.

In der Regel steht ein Kastenstand neben dem nächsten, das können in der Massentierhaltung tausende in einem einzigen Betrieb sein. Darunter befinden sich oftmals harte Spaltenböden mit Auffangbecken, in denen der Urin und Kot der Tiere gesammelt wird. Die Metallkäfige sind kaum größer als die Körper der Tiere.

Warum werden Kastenstände verwendet?

Häufig genannte Gründe der Tierindustrie:

  • Arbeitserleichterung und Kontrolle: Arbeiten können schnell durchgeführt werden, da ein direkter Zugriff auf jedes einzelne Tier möglich ist. Beispielsweise kann die Fütterung jedes Schweins konkret kontrolliert werden.
  • Vermeidung von Rangkämpfen: Da jedes Tier isoliert gehalten wird, sind weniger unmittelbare Konflikte zwischen ihnen möglich.
  • Schutz der Ferkel: Die Industrie argumentiert, Kastenstände im Abferkelbereich verringerten das Erdrücken der Ferkel.

Widersprüche der Aussagen:

  • Mangelhafte Versorgung der Tiere: Die bessere Kontrollmöglichkeit über jedes einzelne Tier bedeutet in der Praxis nicht automatisch, dass die Tiere tatsächlich besser versorgt sind. Denn immer wieder zeigen unsere Undercover-Recherchen beispielsweise, dass Mutterschweine in Kastenständen unter schwersten Wunden leiden, die nicht ausreichend tierärztlich versorgt werden. Das haben wir auch mit unseren verdeckten Ermittlungen in einem von Deutschlands größten Schweine-Zuchtbetrieben gezeigt.
  • Fixierung löst das Erdrückungsproblem nicht: Auch in sogenannten Ferkelschutzkörben werden Ferkel versehentlich durch ihre eigene Mutter erdrückt. Die weiblichen Schweine haben keinerlei Möglichkeit, ihren Kindern auszuweichen. Studien zeigen, dass die Ursachen für das Erdrücken oftmals Folge von schlechten Haltungsbedingungen sind. Unter anderem Infektionen, Kälte und die Einrichtung der Betriebe spielen dabei eine Rolle und führen auch bei den Ferkeln selbst zu Todesfällen. Die reine Fixierung der weiblichen Schweine löst das Problem also nicht.

Wirtschaftlichkeit steht im Vordergrund:

  • Primär geht es bei der Kastenstandhaltung um Effizienz und Profit: Mit Kastenständen können auf kleinem Raum viele Tiere gehalten werden. Standardisierte Prozesse sowie der Zugriff und die Überwachung einzelner Tiere sparen Arbeitszeit. Kastenstände sind ein Instrument, um hohe Tierzahlen zu „managen“.

Normenkontrollantrag kritisiert Kastenstandhaltung

Das Land Berlin hatte 2019 mit einem sogenannten Normenkontrollantrag gefordert, die gesetzlichen Verordnungen der Zucht und Mast von Schweinen zu überprüfen. Dabei kritisieren die Antragsteller*innen unter anderem auch die Kastenstandhaltung. Sollte das Bundesverfassungsgericht dem Antrag zustimmen, muss die Bundesregierung die gesetzlichen Verordnungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Das könnte das Leben von jährlich rund 45 Millionen Schweinen in Deutschland verbessern. Doch noch immer fehlt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum eingereichten Antrag. Wir setzen uns dafür ein, dass das Bundesverfassungsgericht dem Normenkontrollantrag endlich zustimmt. Erfahre hier mehr dazu.

Körperliche und psychische Leiden von Mutterschweinen

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Kastenstände für Schweine extremes körperliches und psychisches Leid bedeuten. Viele Tiere haben schmerzvolle Druckgeschwüre und Wunden, leiden unter Lahmheiten und zeigen starke Verhaltensstörungen. Über Monate können sich die Mutterschweine kaum bewegen und haben keine Möglichkeit, ihre natürlichen Bedürfnisse auszuleben. Laut Veterinärmedizinerin Dr. Claudia Preuß-Ueberschär kann diese Haltungsform „durch nichts gerechtfertigt werden“.

  • Keine Bewegungsmöglichkeit:
    • Sie können nur an einer einzigen Stelle stehen, sitzen und liegen.
    • Umdrehen ist ihnen nicht möglich.
    • Teils können sie sich nicht einmal im Liegen vollständig ausstrecken.
  • Verletzungen und Gesundheitsprobleme:
    • Viele Tiere haben Hautverletzungen bis hin zu eitrigen Entzündungen durch das ständige Anstoßen und Reiben an den harten Metallstangen.
    • Auch Zitzenverletzungen sind häufig, weil sie oftmals beim Liegen in den Spalten des Bodens eingeklemmt werden.
    • Durch den in der Regel harten Spaltenboden ohne Einstreu leiden viele Mutterschweine unter Gelenkentzündungen.
  • Verhaltensstörungen und Stress:
    • Sie haben kaum Möglichkeiten, sich zu beschäftigen und ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben, wie den Nestbau für ihre Kinder.
    • Viele Tiere verhalten sich lethargisch aufgrund ihrer Frustration. Andere leiden unter Stress und Panik.
    • Ihr Leid zeigt sich durch Verhaltensstörungen und Stresszeichen wie Stangenbeißen, das Kauen von Luft oder Kopfschwingen.
  • Hygiene:
    • Der ständige Kontakt mit Kot und Urin verursacht und verschlimmert Wunden.
    • Das stetige Einatmen von Ammoniakgasen löst Husten, Lungenschäden und andere Krankheiten aus.
    • Auch psychisch ist die Situation sehr belastend für die Tiere, da Schweine ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Sauberkeit haben und Kot und Liegebereich unter natürlichen Verhältnissen voneinander trennen würden.
  • Soziale Interaktion:
    • Schweine sind sehr soziale Tiere, doch fixiert in den Kastenständen, können sie nicht mit ihren Artgenossen agieren.
    • Auch für ihre Kinder können Mutterschweine in ihren Käfigen nicht so sorgen, wie sie es natürlicherweise machen würden. Das ist sehr belastend, weil sie einen ausgeprägten Mutterinstinkt haben.

Diese Haltung berücksichtigt weder die genetisch festgelegten, arteigenen Verhaltensweisen noch die Bedürfnisse nach einem guten Leben. Man tritt die Interessen der Tiere und ihre Würde mit Füßen. Diese Tierhaltung kann durch nichts gerechtfertigt werden […] Die Kastenstandhaltung hätte nie eingeführt werden dürfen und muss schnellstens in allen Bereichen abgeschafft werden.

Dr. Claudia Preuß-Ueberschär (Veterinärmedizinerin)

#EndTheCageAge – EU-weites Verbot von Käfigen

Seit 2018 setzen wir uns mit der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) „End the Cage Age“ für ein Ende aller Käfige in der EU ein. Über 1,4 Millionen Menschen hatten die Petition unterschrieben und die Europäische Kommission kündigte daraufhin an, bis 2023 einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorzulegen – doch das ist nicht passiert. Deswegen unterstützen wir die Klage der EBI vor dem Gericht der Europäischen Union gegen die Untätigkeit der Kommission. Das Gericht hat die Klage zugelassen – ein historischer Etappensieg für den Tierschutz. Es bedeutet, unser gemeinsamer Kampf gegen Käfige auf EU-Ebene geht weiter. Hier kannst du die Geschehnisse nachlesen.

Zahlen und rechtliche Lage in Deutschland

In Deutschland werden aktuell rund 1,8 Millionen weibliche Schweine im Laufe eines Jahres in der Zucht ausgebeutet. Sie bringen in der Regel zweimal im Jahr Ferkel zur Welt. Viele der Mutterschweine sind rund 5 Monate im Jahr in engen Kastenständen eingesperrt. Zuerst in den Deckzentren, in denen sie zwangsvoll befruchtet werden, und dann rund um und nach der Geburt in sogenannten Abferkelboxen.

  • Kastenstände im Deckzentrum sind ca. 2,20 Meter lang und 70 Zentimeter breit.
  • Die Schweine werden etwa vier bis fünf Wochen während und nach der künstlichen Befruchtung im Deckzentrum in Kastenständen gesperrt.
  • Zur und nach der Geburt werden die Mutterschweine rund fünf Wochen in sogenannten Abferkelbuchten in engen Käfigen fixiert.
  • Bei durchschnittlich zwei Würfen im Jahr sind sie damit etwa 140 bis 160 Tage, also gut fünf Monate, pro Jahr in einem Kastenstand eingesperrt.

Das soll sich mit einer Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung von 2021 ändern:

  • Ab dem 9. Februar 2029 ist die Kastenstandhaltung im Deckzentrum verboten. Die Tiere werden dann mit anderen Tieren in einer Gruppe gehalten und dürfen nur kurzzeitig bei der Zwangsbefruchtung oder für tierärztliche Maßnahmen fixiert werden.
  • Ab dem 9. Februar 2036 dürfen Mutterschweine im sogenannten Abferkelstall nur noch maximal 5 Tage rund um die Geburt in Kastenständen gesperrt werden.
Schwein im Kastenstand

Blick in die USA

Mit unseren internationalen Kampagnen „ALDI: Eine Frage der Haltung“ und „Käfighaltung beenden, Ahold Delhaize!“ setzen wir uns gegen die Kastenstandhaltung in den USA ein. Hier werfen wir einen Blick auf die Lage in den USA, wo noch mehr Mutterschweine für einen noch längeren Zeitraum in engen Kastenständen fixiert werden.

  • Rund 3,5 Millionen Schweine werden in Kastenständen gehalten.
  • Sie sind rund acht Monate im Jahr darin gefangen.
  • In der Regel sind die Käfige in den USA 213 Zentimeter lang und 61 Zentimeter breit.
  • Es gibt keine US-weiten Regelungen zu Kastenständen. Nur in wenigen Bundesstaaten sind sie verboten.

Was du jetzt gegen Kastenstände tun kannst

Unterstütze unsere Kampagnen gegen Käfighaltung

Tierleid hört nicht an Landesgrenzen auf. Bei global agierenden Unternehmen wie ALDI Süd und Ahold Delhaize reicht es nicht, wenn sie in einzelnen Ländern Fortschritte zeigen. Die Konzerne haben eine Verantwortung für ihren gesamten Markt! Internationale Kampagnen wie diese sind enorm wichtig, sie haben eine starke Signalwirkung für die Tiere weltweit und für das Handeln anderer Konzerne. Unterschreibe unsere Petition und mach bei unseren Online-Aktionen mit!

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Nicht nur die Käfighaltung verursacht Leid und Schmerzen, das ganze System der Tierindustrie ist grausam. Unterstütze die Ausbeutung von Tieren nicht weiter, entscheide dich für Mitgefühl und eine pflanzliche Ernährung. Lass dich beispielsweise von diesen sieben schweinefreundlichen Rezepten inspirieren und entdecke unsere digitalen Kochbücher – natürlich alles kostenfrei für dich und 100 Prozent pflanzlich.

Hilf der Neugierde

Schweine sind überaus soziale Tiere, die sehr interessiert an ihrer Umgebung sind. Du kannst diese neugierigen Tiere schützen, indem du dich einfach für pflanzliche Alternativen entscheidest.


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