Undercover-Recherche aus Brasilien zeigt, was passiert, wenn Schlachtbetriebe sich selbst „kontrollieren“
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Vor zwei Jahren wurde in Brasilien das sogenannte „Selbstkontrollgesetz“ verabschiedet – mit schlimmen Folgen für die Tiere, wie eine neue Undercover-Recherche von Animal Equality zeigt.
Was bedeutet das „Selbstkontrollgesetz“?
Betriebe sind selbst dafür „verantwortlich“, die in Brasilien vorgeschriebenen Hygiene- und Tierschutzprotokolle einzuhalten. Eine externe Prüfung findet nicht mehr statt.
Das sind die Folgen:
Mit aktuellen Aufnahmen, die in Schlachtbetrieben im Umland von São Paulo aufgenommen wurden, deckt eine neue Undercover-Recherche von Animal Equality die verheerenden Auswirkungen auf. Die fehlende staatliche Aufsicht führt zu eklatanten Verstößen gegen Tierschutz- und Hygienevorschriften. Das bedeutet in der Folge nicht nur massives und unnötiges Leid für die Tiere, sondern auch eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit.
Bereits 2022 hat Animal Equality eine Recherche aus Schlachthäusern in mehreren brasilianischen Bundesstaaten veröffentlicht, die ganz deutlich die Gefahren und die zu erwartenden Missstände des Selbstkontrollgesetzes aufzeigt.
Ein Ermittler, der sowohl an den Undercover-Recherchen in 2022 als auch in 2024 beteiligt war, berichtet Folgendes:
Das Einzige, was für die Arbeiter*innen beim Schlachtprozess zählt, ist Schnelligkeit. Dabei missachten sie die Tierschutzvorgaben vollkommen und ignorieren das Leiden der Tiere, die teilweise nicht ausreichend betäubt sind. Den Tieren werden bei Bewusstsein Gliedmaßen entfernt und die Haut abgezogen. Hinzu kommen Arbeiter*innen, die den Tieren zudem noch absichtlich Schmerzen zufügen. Konsequenzen gibt es für sie nicht, wodurch solche Grausamkeiten normalisiert werden.
Die zentralen Tierschutz-Verstöße, die in den Recherchen von 2022 und 2024 festgestellt wurden, sind:
Arbeiter*innen fügen Tieren absichtlich Schmerzen zu
- Verdrehen der Schwänze
- Tritte ins Gesicht
- Anwendung von Elektroschocks, auch an verbotenen Stellen wie Kopf, Schwanz, Genitalien und Anus
Mangelhafte Haltungsbedingungen
- Überfüllte Boxen
- Tiere, die ungeschützt Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen ausgesetzt sind, ohne Zugang zu Wasser
- Rutschige Böden, was zu Verletzungen durch Stürze führte
Probleme bei der Betäubung
- Es fehlten geeignete Vorrichtungen, um die Tiere für die Betäubung zu fixieren. Stattdessen wurden die Tiere lediglich mit Seilen festgebunden. Durch mögliche Bewegungen wurden die Bolzenschussgeräte nicht korrekt angesetzt, was zu einer unzureichenden Betäubung führen kann.
- Defekte Geräte wurden nicht ersetzt, was zu wiederholten Fehlern beim Betäubungsprozess führte.
- Bolzenschussgeräte wurden häufig nicht fachgerecht eingesetzt, was ebenfalls zu einer unzureichenden Betäubung führte.
- Tiere wurden mehrfach angeschossen, um sie zu betäuben. In einigen Fällen wurde ein einzelnes Tier siebenmal angeschossen, ohne dass es effektiv betäubt wurde.
- Keines der Schlachthäuser verfügte über Personal, das die Wirksamkeit des Betäubungsprozesses beurteilen konnte. Das Verfahren wurde nur wiederholt, wenn die Tiere so unruhig waren, dass das Ausbluten nicht fortgesetzt werden konnte.
Zu lange Zeit zwischen Betäubung und Entblutung
- Die Tiere verbluteten nach einem Betäubungsversuch mehr als zwei Minuten lang, was die maximal zulässige Zeit überschritt:
- 30 Sekunden bei nicht-penetrierenden Bolzenschussgeräten – die mit Druckwellen arbeiten.
- 60 Sekunden bei penetrierenden Bolzenschussgeräten – die mit Stahlbolzen arbeiten.
Verstümmelungen an noch lebenden Tieren und Tieren bei Bewusstsein
- Schnitte und Zerlegungen erfolgten vor der vorgeschriebenen Mindestzeit von drei Minuten nach Beginn des Ausblutens.
- Tiere wurden zerlegt, während sie noch am Leben und bei Bewusstsein waren.
Mindeststandards werden ignoriert
Das Selbstkontrollgesetz verlagert die Verantwortung für die Überwachung von Tierschutz-Vorgaben auf die Unternehmen selbst. Dieser Mangel an staatlicher Überwachung von Schlachtbetrieben führt dazu, dass tierschutzwidrige Zustände jahrelang oder sogar jahrzehntelang ohne jegliche Konsequenz für die Betreiber*innen bleiben.
Die Ergebnisse dieser neuen Recherche machen deutlich, dass das Selbstkontrollgesetz den Schutz der Tiere und auch die öffentliche Gesundheit – aufgrund mangelnder Hygiene – gefährden. Die Übertragung der Verantwortung für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben auf die Unternehmen führt zu massivem Leid und Misshandlung der Tiere, und Verbraucher*innen werden durch die fehlenden Kontrollen gefährdet. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Gesellschaft jetzt Druck auf die Behörden ausübt, um diesen gravierenden Missstand zu beheben, bevor Entscheidungen und Auswirkungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können.
Carla Lettieri, Direktorin von Animal Equality in Brasilien
Maßnahmen von Animal Equality gegen das Selbstkontrollgesetz
Seit 2022 arbeitet Animal Equality unermüdlich daran, die Gesellschaft und die Behörden auf die Gefahren dieser neuen Gesetzgebung aufmerksam zu machen. Zu den wichtigsten Maßnahmen der Organisation gehören:
- Laufende Recherchen: Aufnahmen aus Schlachtbetrieben in drei verschiedenen Bundesstaaten aus den Jahren 2022 und 2024 zeigen, dass das Fehlen von Kontrollen zu schweren Tierschutz-Verstößen führt.
- Öffentliche Aktivierung: Animal Equality hat 58.000 Unterschriften mit einer öffentlichen Petition gesammelt und von 38 Organisationen unterzeichnete Briefe an Abgeordnete und Senator*innen versendet, in denen auf die negativen Auswirkungen des Selbstkontrollgesetzes hingewiesen wurde.
- Politische Initiativen: Animal Equality nahm an öffentlichen Anhörungen und Debatten im Senat teil und reichte Stellungnahmen bei der Bundesregierung ein. Die Verabschiedung des Gesetzes wurde um sechs Monate verzögert – ein Zwischenschritt, der jedoch nicht ausreichte, um die grundsätzlichen Probleme der neuen Gesetzgebung zu beheben.
- Rechtliche Schritte: Animal Equality beteiligt sich an einer Verfassungsbeschwerde, die beim Obersten Bundesgericht eingereicht wurde. Die Klage, die von der „National Confederation of Food Industry Workers“ (CNTA) initiiert wurde, zielt darauf ab, die negativen Auswirkungen des Gesetzes – aufgrund mangelnder Hygiene – auf die Gesundheit der Arbeitnehmer*innen rückgängig zu machen.
Auch in Europa fehlt es an Kontrollen
Auch in Europa dokumentiert Animal Equality seit 2008 gravierende Verstöße gegen Tierschutzgesetze in Haltungsbetrieben und Schlachthäusern. Die viel zu seltenen Kontrollen führen dazu, dass viele dieser Missstände ungeahndet bleiben.
Animal Equality setzt sich entschlossen dafür ein, die Tiere vor noch größerem Leid zu schützen.
Ernährungsumstellung: Eine Lösung für die Zukunft
Wir alle können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich an Zuständen, wie wir sie weltweit immer wieder bei unseren Undercover-Recherchen aufdecken, etwas ändert. Eine pflanzliche Ernährung ist einer der effektivsten Schritte hin zu einer Welt, in der Tiere vor Ausbeutung geschützt sind. Entscheide auch du dich für tierfreundliche Alternativen. Auf Love Veg findest du zahlreiche Tipps und leckere Rezepte – komplett kostenfrei für dich.
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Einer der effektivsten Wege, um das Leben landwirtschaftlich genutzter Tiere nachhaltig zu verbessern, ist der Umstieg auf pflanzliche Alternativen. Besuche Love Veg und starte noch heute mit einer pflanzlichen Ernährungsweise.