Neue Recherche: Die Tötung von Fischen auf schottischen Schlachtungsschiffen
Animal Equality hat neues Filmmaterial aus einer aktuellen Undercover-Recherche veröffentlicht. Die Aufnahmen zeigen die grausame Behandlung von Forellen und Lachsen auf Schlachtungsschiffen vor der schottischen Küste.
Wir haben diese Aufnahmen Mark Borthwick vorgelegt. Er ist Doktorand und Experte für die Haltung von Lachsen in sogenannten „Aquakulturen“. Borthwick bezeichnete die Aufnahmen als „einen der schlimmsten Fälle von Fischquälerei, die ich in meiner Laufbahn gesehen habe“.
Das Filmmaterial, das unser Ermittlungsteam Ende 2022 in zwei Betrieben in Schottland aufgenommen hat, zeigt eine Reihe von gravierenden Vorfällen:
- Fehler bei der Betäubung von Fischen oder bei der Kontrolle der Wirksamkeit der Betäubung, wobei einige Fische rückwärts in die Betäubungsmaschinen gelangten;
- Kleinere Fische wurden in einem leeren Eimer zum Ersticken zurückgelassen;
- Sichtbare Überfüllung der Netze und blutverschmierte Maschinen auf dem Schlachtungsschiff;
- Verwundete und blutende Fische, die durch Rohre von den Becken zu den Schiffen transportiert wurden;
- Fische, die von Beschäftigten gewaltsam weggeschleudert werden – einige Fische gegen Wände;
- Tote und sterbende Fische, die Beschäftigte über Bord werfen, was über die Tierquälerei hinaus auch gegen Biosicherheitsvorschriften verstößt.
Die Aufnahmen aus einem Forellen- und einem Lachshaltungsbetrieb wurden von unserem Team über einen Zeitraum von zwei Monaten gesammelt.
Das Leid der Lachse aufgedeckt
Der Lachshaltungsbetrieb in Loch Cairnbawn wird von Loch Duart Ltd. betrieben, einem mehrfach zertifizierten Unternehmen, das auch sogenannte Sterneköche und Spitzenrestaurants wie die von Gordon Ramsay und Rick Stein beliefert.
Diese Aufnahmen geben wirklich Anlass zur Sorge. Ich habe keinen Zweifel daran, dass in jeder Phase des Prozesses massenhaftes und vermeidbares Leid geschieht.
Mark Borthwick, Experte für Lachshaltung in der Landwirtschaft
Mark Borthwick hat die Aufnahmen aus der „Aquakultur“ in Loch Cairnbawn analysiert und bewertet:
„Man kann sehen, wie sich die Fische in der Nähe der Wasseroberfläche sammeln, wo sie für einige Zeit dicht aneinander gedrängt sind.”
“Schwärmen ist kein normales Verhalten für diese einzelgängerischen Raubfische, also schwimmen sie wahrscheinlich aus Angst vor Kannibalismus voneinander weg – das Ergebnis einer höchst unnatürlichen, stressigen Umgebung. Es sind Blutansammlungen in den Schlachtanlagen zu sehen. Diese deuten darauf hin, dass die Pumpenanlage, mit der die Fische aus den Becken auf das Schiff gesaugt werden, bei vielen dieser Tiere schwere Verletzungen verursachen: Sie ziehen sich beim Herumschlagen in den Pumpen Verletzungen zu.“
Borthwick weiter: „Die Maschinen sind so schlecht eingestellt, dass viele Fische gestorben sind, bevor sie überhaupt die Betäubungsmaschine erreicht haben. Diejenigen, die überleben, finden sich in Massen anderer Lachse wieder. In dieser Umgebung geraten einige Fische – sowohl lebende als auch tote – anscheinend rückwärts und kopfüber durch die Maschinen. Sie müssten mit dem Kopf voran durch die Maschine gelangen. Ich kann gar nicht genug betonen, wie schmerzhaft es für einen Lachs wäre, wenn ein Schlagstock oder ein Elektroschock auf seinen Körper und nicht auf seinen Kopf angewendet würde. Das ist eine chaotische Szene.“
Auch Dr. Lynne Sneddon, Expertin für Verhaltensbiologie an der Universität Göteborg, stellte fest: „Es ist Blut zu sehen. Das heißt, dass die Fische definitiv in ihrer verletzten Haut sogenannte Alarmstoffe produzieren. Das sind Botenstoffe, die in den Fischen Fluchtverhalten und eine Angstreaktion auslösen. Jeder Fisch, der hier noch bei Bewusstsein ist, empfindet neben dem Schmerz also auch Angst.“ Die Wissenschaftlerin Sneddon beschrieb 2002 zum ersten Mal Schmerzrezeptoren in Fischen.
Fische gegen Wände oder über Bord geworfen
Unser Team filmte Beschäftigte dabei, wie sie tote und sterbende Fische aus einem Eimer vom Schlachtungsschiff werfen, wobei ein Fisch gegen die Metallreling schlägt, bevor er aufgehoben und ins Meer geschleudert wird. Bei genauerem Hinsehen sieht es sogar so aus, als würden sich mehrere Angestellte gegenseitig mit Fischen bewerfen – und zwar mit großer Wucht, sodass die Tiere an Wände prallen.
Draußen in einem See, weit weg von den neugierigen Augen der Öffentlichkeit, halten sich diese Angestellten offensichtlich für unangreifbar. Und da es dort keine unangekündigten staatlichen Kontrollen gibt, ist es nicht schwer nachzuvollziehen, warum. Die Verbraucher*innen können nie wirklich wissen, was in diesen Betrieben vor sich geht; der beste Weg, Leid zu verhindern, ist, den Verzehr von Fisch ganz zu vermeiden.
Abigail Penny, Geschäftsführerin von Animal Equality im Vereinigten Königreich
Fische von Bord des Schiffes zu werfen, fügt laut Dr. Lynne Sneddon von der Universität Göteborg nicht nur den unter Umständen verletzten Tieren weiteren Schaden zu, sondern auch der Umwelt.
Sie sagte: „Fische aus Aquakulturen über Bord zu werfen … das sollte man grundsätzlich nicht tun. Diese Fische könnten Krankheiten und Parasiten einschleppen oder sich durch Konkurrenz und Aggression negativ auf die Wildpopulationen auswirken. Auch eine Vermischung von gezüchteten und wildlebenden Fischen kann negative ökologische Folgen haben.“
Königliches Gütesiegel
Der zweite Betrieb, in dem unser Team ermittelte, war ein Forellenhaltungsbetrieb in Loch Etive. Dieser wird von Dawnfresh Farming betrieben, deren Produkte unter der Marke R R Spink & Sons vermarktet werden.
Es ist der einzige Forellenhaltungsbetrieb, der das RSPCA-Gütesiegel erhalten hat – vergeben von der Tierschutzorganisation Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals (RSPCA; etwa königliche Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeiten an Tieren). Der Betrieb erhielt das Siegel, nachdem er seine Standards zur Forellenhaltung gemeinsam mit der RSPCA entwickelt hatte.
Außerdem beliefert R R Spink & Sons Berichten zufolge die großen Supermärkte Tesco, Sainsbury’s und Marks & Spencer sowie eine Reihe von Luxusrestaurants, Hotels und Country Clubs im Vereinigten Königreich und den USA unter dem königlichen Gütesiegel (dem sogenannten „royal seal of approval“).
Nach der Analyse des Filmmaterials sagte Mark Borthwick: „Man kann sehen, wie kleinere Fische durch Lamellen in einen leeren Trichtereimer fallen. Ohne Wasser werden diese Fische absichtlich dem Erstickungstod überlassen.“
Er sah in den meisten Aufnahmen „keine Nachkontrolle durch die Beschäftigten, um sicherzustellen, dass die Tiere ausreichend betäubt wurden. Infolge dieses Versäumnisses kann ich mehrere eindeutige Fälle sehen, in denen die Forellen flattern, also Anzeichen von Bewusstsein zeigen.“
Eine Reihe von Beweisen
Dies ist nicht das erste Mal, dass Animal Equality Missstände in Fischschlachthäusern aufgedeckt hat.
Im Vereinigten Königreich werden jedes Jahr bis zu 52 Millionen Lachse und bis zu 25 Millionen Regenbogenforellen gehalten und getötet. Im Jahr 2021 veröffentlichte Animal Equality Filmmaterial aus einer Undercover-Recherche in einem Lachsschlachthaus der Scottish Salmon Company.
Die Aufnahmen zeigen, dass viele Lachse zum Zeitpunkt der Tötung bei Bewusstsein waren, wie Wissenschaftler*innen und Tierärzt*innen bestätigten. Einigen Fischen wurden daher ohne wirksame Betäubung die Kiemen abgeschnitten.
Viele wurden von Hand geschlagen, um eine angemessene Betäubung zu erreichen – in einem Fall sogar siebenmal. Andere lebende Fische wurden von Beschäftigten gewaltsam zu Boden geworfen und dem Erstickungstod überlassen.
Diese Vorfälle wurden von der Anwaltskanzlei Advocates for Animals im Namen von Animal Equality an die zuständigen Behörden gemeldet.
Auch in Deutschland werden jedes Jahr mindestens 20 Millionen Fische aus „Aquakulturen“ getötet. Fast jedes dritte dieser Tiere ist eine Regenbogenforelle. Jedes vierte ein Karpfen. Jedes zehnte eine Lachsforelle.
Außerdem werden viele Elsässer Saiblinge und Europäische Aale in „Aquakulturen“ gehalten und getötet. Die Aale können nicht vermehrt werden und müssen deshalb aus der freien Wildbahn gefangen werden. Sie sind vom Aussterben bedroht.
Ein Industrie voller Probleme
Verhaltensbiologin Dr. Lynne Sneddon kommentierte die Fischhaltungsindustrie in Schottland wie folgt: „Ein großes Problem, das angegangen werden muss, ist die mangelnde Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden. Wir müssen die Videoüberwachung in allen Fischhaltungsbetrieben und Schlachthäusern einführen, damit die Daten über Verstöße schnell und öffentlich verfügbar werden. Außerdem müssen wir regelmäßige unangekündigte Kontrollen in Schlachthäusern vorschreiben, egal ob an Land oder auf Schiffen. Und wir brauchen bessere gesetzliche Standards, und zwar schnell.“
Sie ergänzte: „Die Zertifizierungen sind derzeit wenig aussagekräftig, da es wenig Transparenz darüber gibt, wie die Zertifizierung erlangt oder aufrechterhalten wird. Die Regierung kann sich nicht weiter auf diese Systeme verlassen.“
Was du tun kannst
Als Verbraucher*innen haben wir die Macht. Wir können das Leid von Fischen und den anderen Tieren in der Landwirtschaft beenden, indem wir ändern, was wir kaufen und was wir essen. Entdecke noch heute pflanzliche Alternativen, indem du einige unserer liebsten veganen Rezepte ausprobierst!