Einen Schritt näher am EU-weiten Verbot des Kükentötens
Mehrere Landwirtschaftsminister*innen haben bei ihrem letzten monatlichen Treffen im Rat „Landwirtschaft und Fischerei“ der EU in Luxemburg (dem sogenannten AGRIFISH: „Agriculture and Fisheries Council1), die EU-Kommission aufgefordert, die Tötung männlicher Küken in der Eierindustrie EU-weit zu verbieten2,3.
In einer öffentlichen Aussprache auf Grundlage von Informationen der deutschen und französischen Delegation – unterstützt von den belgischen, finnischen, irischen, luxemburgischen, österreichischen, portugiesischen und zyprischen Delegationen –, sprachen sich die Landwirtschaftsminister*innen dafür aus, diese Praxis auf europäischer Ebene abzuschaffen.
Zuerst wurde der Vorschlag schon im Juli 2021 vorgelegt. Jetzt, etwas mehr als ein Jahr später, ist die selektive Tötung der männlichen Küken – durch das Verbot in Deutschland und Frankreich – jedoch international erheblich mehr in den Blick der Öffentlichkeit geraten.
Die für Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides nannte die Tötung sogenannter „Eintagsküken“ in der Aussprache ein „beunruhigendes Phänomen“ und schlug vor, ein EU-weites Verbot der Tötung dieser Tiere in der nächsten Überarbeitung der EU-Tierschutzvorschriften zu berücksichtigen.
Die Landwirtschaftsminister*innen der neun oben genannten EU-Länder sprachen explizit von der „Notwendigkeit der EU-weiten Beendigung der systematischen Tötung männlicher Küken“2. Ferner unterstrichen sie, dass die „Aufnahme eines EU-weiten Verbots der systematischen Tötung männlicher Küken in die für 2023 angekündigten Legislativvorschläge den Forderungen der Verbraucher*innen nach besserem Tierschutz entgegenkommen würde“4.
Fast alle Mitgliedstaaten unterstützten den Vorschlag Deutschlands und Frankreichs, obwohl viele auch darauf hinwiesen, dass ein auf die Eierindustrie in der EU beschränktes Verbot des Tötens von Küken eine Verlagerung des Problems in andere Bereiche bedeuten könnte. Deshalb forderten einige Minister*innen, das Verbot auch auf Produkte auf dem europäischen Markt auszudehnen, also inklusive Importe, und Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Eierindustrie bei der Anpassung an die neue Gesetzgebung zu unterstützen.
Warum werden männliche Küken getötet?
Jedes Jahr werden weltweit Milliarden von männlichen Küken getötet: geschätzt bis zu 7 Milliarden Tiere5. Bis zum Verbot in Deutschland und Frankreich ab dem 01.01.2022 betraf dies in der Europäischen Union bis zu 330 Millionen Küken6, davon rund 50 Millionen allein in Deutschland7.
Männliche Küken werden von der Eierindustrie lediglich als „Abfall“ betrachtet, da sie keine Eier legen und für die Fleischproduktion keinen wirtschaftlichen Wert haben8. Daher wurden die männlichen Küken auch in Deutschland am Tag ihrer Geburt, oft nur wenige Stunden nach ihrer Geburt, aussortiert und getötet.
Unser Kampf gegen die Tötung der Küken
Die jetzige Aufforderung der EU-Landwirtschaftsminister*innen der EU-Mitgliedstaaten, die Tötung männlicher Küken in der Eierindustrie europaweit abzuschaffen, folgt auf das Verbot in Frankreich und Deutschland sowie Vorstöße und Pläne ähnlicher Verbote in Österreich, Luxemburg und Italien.
Italien etwa kündigte vor wenigen Monaten das Verbot des Kükentötens ab 2026 an9 – nach langer Kampagnenarbeit von Animal Equality: 2020 startete dort die Kampagne „Stoppt das Schlachten männlicher Küken“.
Und auch in Deutschland ist unser Kampf für die männlichen Küken in der Eierindustrie trotz des Verbots noch nicht vorbei. Vor wenigen Wochen hat Animal Equality in Deutschland eine Kampagne gestartet, um das Leid von Küken in der Eierindustrie effektiv zu verhindern und nicht nur den Moment ihrer Tötung zu verzögern10.
In dieser Kampagne fordern wir, das Gesetz zum Verbot des Kükentötens so anzupassen, dass es auch tatsächlich das Leid von Hühnern mindert und weniger unschuldige Hühner leiden und getötet werden – egal, wie alt sie sind. Sieh dir hier das Video zu unserer Kampagne für die unschuldigen Hühner an, wenn du wissen möchtest, wie wir das erreichen wollen:
Die Forderung der europäischen Minister*innen ist also ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung, der den Anfang vom Ende dieser schrecklichen Praxis nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa bedeuten kann. Und ein solches EU-weites Verbot würde auch deutlich erschweren, das Kükentöten zu exportieren und zu umgehen – wie es in Deutschland nach dem Verbot jetzt vielfach passiert11.
Die Europäische Union muss der systematischen und grausamen Tötung von Millionen männlicher Küken endlich ein Ende setzen. Deshalb begrüßen wir den Vorstoß der EU-Landwirtschaftsminister*innen und werden unsere Bemühungen darauf konzentriere, dass er auch möglichst zeitnah umgesetzt wird. Und mehr noch: Der Vorstoß zeigt, dass der Wunsch der Verbraucher*innen so stark und explizit ist, dass er nicht ignoriert werden kann. Die EU-Bürger*innen nehmen die extreme Ausbeutung von Tieren in der Landwirtschaft einfach nicht länger hin. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Welt, in der alle Tiere respektiert und geschützt sind. Das gibt uns Mut und Kraft, weiterzumachen!
Andre Peters, Program Manager von Animal Equality Deutschland
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Quellen:
1https://www.consilium.europa.eu/de/council-eu/configurations/agrifish/
2https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/agrifish/2022/10/17/
3https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13308-2022-REV-1/de/pdf
4https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13317-2022-INIT/x/pdf
5https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0032579119310636?via%3Dihub
6https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2019/644195/EPRS_IDA(2019)644195_DE.pdf
7https://www.bmel-statistik.de/landwirtschaft/tierhaltung/gefluegelhaltung
8https://animalequality.de/blog/warum-kueken-toten/
9https://animalequality.de/neuigkeiten/2022/08/04/italien-beendet-die-totung-mannlicher-kuken/
10https://animalequality.de/blog/das-kalkuel-der-eierindustrie/