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Horror im Schlachthof: Schweine jahrzehntelang nicht richtig betäubt


In einem Schlachthof in Kassel wurden Schweine über Jahre hinweg auf unvorstellbare Weise gequält. Jahrzehntelang soll es dort Probleme mit einer elektrischen Betäubungsmaschine gegeben haben. Jedes Jahr mussten zehntausende Schweine deshalb ihre Schlachtung bei vollem Bewusstsein miterleben. Eine Vorstellung, die grausamer kaum sein könnte, in der deutschen Fleischindustrie allerdings ein häufiges Problem darstellt.

Der Betrieb in Kassel musste 2018 wegen Insolvenz schließen. Bis dahin wurden dort jede Woche etwa 450 bis 500 Schweine geschlachtet. Ein ehemaliger Mitarbeiter bezeugt, dass das Betäubungsgerät für die Schweine bereits seit Beginn seiner Tätigkeit im Schlachthof im Jahr 1989 fehlerhaft war: “Es hat nie richtig funktioniert.” Viele Tiere hätten nach der Betäubung gezappelt, sich bewegt, gezwinkert oder versucht aufzustehen.

Schließlich hatte ein Veterinär des Amts für Lebensmittelkontrolle und Tiergesundheit der Stadt Kassel Anzeige erstattet. Zuvor hätten sich, den Zeugenaussagen zufolge, keine Veterinär*innen um den Umgang mit den Fehlbetäubungen gekümmert. Nach jahrelangen Ermittlungen war der ehemalige Betriebsleiter, der zwischen 2011 und 2013 Geschäftsführer des Schlachthofes in Kassel war, erst 2017 vor Gericht in sechs Fällen wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz verwarnt worden. Er habe sich um die Anschaffung eines funktionsfähigen Betäubungsgeräts kümmern wollen. Aus Geldmangel seien die Bemühungen allerdings nur bedingt umgesetzt worden; 2013 wurde in neue Einzelteile der Betäubungsanlage investiert. Der Gerichtsprozess ist bis heute nicht abgeschlossen. 

Tiere bei vollem Bewusstsein getötet: Ein deutschlandweites Problem

Immer wieder stehen Skandale um Fehlbetäubungen in den Schlagzeilen. Tiere, die aufgrund einer fehlgeschlagenen Betäubung ihren eigenen Tod miterleben müssen, sind keine Seltenheit. Statistiken geben einen Einblick in den alltäglichen Horror, den zehntausende Tiere in deutschen Schlachthöfen erleben müssen:

4 % der Hühner, die im Schlachthof das sogenannte Elektrobad durchlaufen, werden dadurch nicht oder nicht ausreichend betäubt. 9 % der Rinder, die mit einem Bolzenschuss in den Kopf betäubt werden, sind danach noch bei Bewusstsein. Die Betäubung von Schweinen mittels Elektrozange schlägt sogar in 12,5 % der Fälle fehl. Manche dieser Tiere leben sogar noch, wenn sie in das Brühbad geworfen werden.

Experteneinschätzung: Der Fall in Kassel als “tausendfache vorsätzliche Tierquälerei”

Thomas Schalz hat 20 Jahre lang in der Fleischindustrie gearbeitet und selbst einen Schlachtbetrieb geleitet, bevor er sich von der Branche abwendete. Er weiß genau, wie die Betäubung von Schweinen im Schlachthof abläuft und warum sie so häufig fehlschlägt.

“Wenn man das Geschehen in Kassel betrachtet, kann man nicht mehr von technischem oder menschlichem Versagen sprechen, sondern das ist gezielter Vorsatz ohne Rücksicht auf das Tierwohl. Tausendfache vorsätzliche Tierquälerei. Wer 30 Jahre Kenntnis darüber hat, dass es immer wieder zu einer unzureichenden Betäubung kommt, kann sich auch als Angestellter nicht der Schuld entziehen. Es müssen hier ganz klar rechtliche Schritte eingeleitet werden, und alle Verantwortlichen und Beteiligten müssen mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates bestraft werden.”

Elektrobetäubung bei Schweinen

“Die Elektrobetäubung, wenn die Stromzange funktionsfähig ist und richtig angewendet wird, ist eine relativ schmerzfreie Betäubungsmethode”, so Thomas Schalz. “Im Vergleich zur CO2-Betäubung setzt die Betäubung innerhalb weniger Millisekunden ein. Allerdings gibt es hier zwei Vorgehensweisen:

  1. Bei der ersten wird das Schwein mit der Zange hinter den Ohren gepackt, so dass eine Stromstärke von etwa 1,3 A zuerst durch das Gehirn, dann im weiteren Verlauf durch das Rückenmark fließt. Das Schwein verkrampft dabei, was einem epileptischen Anfall gleicht, was die Ruderbewegungen minimiert und somit das Anhängen erleichtert.
  2. Die zweite und sicherere Variante umfasst zusätzlich den Griff an beide Seiten der Brust. Dadurch erreicht man zusätzlich ein Herzkammerflimmern was zu einer tiefen Betäubung führt. Wenn jetzt der Entblutestich korrekt mit einer mindestens 12 cm langen Klinge gesetzt wird, sollte das Schwein all das nicht wahrnehmen.  

Soweit die Theorie. Vielmals hat sich in der Praxis gezeigt, dass nur die 1. Variante durchgeführt wird. Das Problem hierbei ist, dass die Zeit zwischen Betäubung und Bruststich mit 10 Sekunden sehr knapp bemessen ist, während es bei der 2. Variante 20 Sekunden sind. Das meiner Meinung nach größte Problem ist, dass die elektrischen Anlagen nicht einwandfrei funktionieren und nicht genügend gewartet werden. Außerdem ist der Stromfluss oft zu gering und die Stromzufuhr durch das Tier zu kurz. Dies führt zu massiven Schmerzen und zu einer nicht ausreichenden Betäubung. Das Tier kann bei einer Fehlbetäubung durch das Krampfen nicht zeigen, dass es bei Bewusstsein ist. Fehlbetäubte Tiere sind für das Schlachtpersonal ungleich schwerer zu erkennen.”


Tag für Tag leiden Milliarden von Tieren unter schrecklichen Bedingungen in Tierfabriken – und das, obwohl die meisten Menschen solche Tierqual vehement ablehnen. Viele Menschen entscheiden sich dafür, Tierleid nicht länger finanziell zu unterstützen, wenn sie Bilder oder Videos aus der Massentierhaltung gesehen haben und sich des Leidens, das in den Zucht-, Mast- und Schlachtbetrieben stattfindet, bewusst werden. Deshalb ist es ein Anliegen von Animal Equality, aktuelles Bild- und Videomaterial zu veröffentlichen, welches die grausame Realität zeigt: Für Tiere bedeutet Massentierhaltung Leid und Tod.

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Quellen: 

Hessisch/Niedersächsische Allgemeine (03.02.2020): “Es hat nie funktioniert”- Schweine im Schlachthof Kassel nicht richtig betäubt, es war Tierquälerei
Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (15.06.2012): Tierschutz bei der Tötung von Schlachttieren
Rat der Europäischen Union (2013): Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die verschiedenen Betäubungsverfahren für Geflügel
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA Journal 2012)




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