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Expert*innen analysieren unsere Undercover-Aufnahmen: So sehr leiden Mutterschweine in Käfigen

Unser Team in Großbritannien hat 2023 und 2024 undercover in einem Schweine-Zuchtbetrieb recherchiert, der Großbritanniens größte Handelskette Tesco beliefert und mit einem Tierwohl-Label zertifiziert ist. Dabei haben unsere Ermittler*innen fünf Tage lang drei Mutterschweine in den sogenannten Abferkelboxen gefilmt. Dieses Material wurde nun von Expert*innen aus dem Bereich der Veterinärmedizin und des Tierschutzes analysiert. Der neue, von Animal Equality in UK veröffentlichte Bericht belegt anhand des Verhaltens der Schweine, wie problematisch und leidvoll die Käfighaltung ist und fordert ein Ende dieser tierquälerischen Bedingungen. Diese Aufdeckung wirkt über Großbritannien hinaus, denn die von den Expert*innen analysierten Zustände sind in vielen Teilen der Welt ähnlich oder sogar noch schlimmer – wie beispielsweise in Deutschland.
Juli 30, 2025
Schwein in sogenannter Abferkelbox
Foto: Animal Equality | Aitor Garmendia
Schwein in sogenannter Abferkelbox
Foto: Animal Equality | Aitor Garmendia

Der jetzt von Animal Equality UK veröffentlichte Bericht „Gefangen in Käfigen: Der stille Kampf von Mutterschweinen“ basiert auf 120 Stunden Filmmaterial aus einer unserer Undercover-Recherchen in einem Schweine-Zuchtbetrieb in Großbritannien. Die Expert*innen haben das Verhalten von drei Mutterschweinen, die fünf Tage lang gefilmt wurden, analysiert und gravierende Tierschutzprobleme aufgezeigt.

Die Aufdeckungen aus diesem Bericht stehen beispielhaft für das Leid von Schweinen weltweit. In vielen Ländern herrschen ähnliche oder sogar noch problematischere Zustände – so auch in Deutschland. Weiter unten in diesem Artikel erfährst du mehr dazu.

Der Bericht zeigt:

  • Diese Standardkäfige sind so eng, dass die Mutterschweine sich darin nicht einmal umdrehen können. Sie lagen 90 Prozent der Zeit auf den harten Spaltenböden.
  • Ein Schwein saß oder stand einen ganzen Tag lang überhaupt nicht.
  • Ein anderes Schwein nutzte während der fünf Tage das Beschäftigungsmaterial nicht ein einziges Mal.
  • Alle Schweine bissen während der gesamten Zeit immer wieder in die Gitterstäbe, ein Indikator für extreme Frustration und Stress.
  • Die Lichter in der Anlage waren während der gesamten Aufzeichnungsperiode an, was den Tag-Nacht-Rhythmus der Tiere erheblich stört.

Der Bericht beschreibt eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen und Risiken aufgrund der Haltungsbedingungen. Der Positionswechsel – vom Liegen zum Stehen und umgekehrt – wurde von den Expert*innen als „herausfordernd“ für die Tiere beschrieben:

„Die Schweine stoßen dabei immer wieder gegen die Gitterstäbe, was im Laufe der Zeit schmerzhafte Blutergüsse erzeugen und verschlimmern kann“

Die Käfighaltung führt bei Schweinen häufig zu schmerzhaften Druckgeschwüren, Infektionen und Verletzungen. Teilweise sind diese Leiden so schwer, dass die Tiere „notgetötet“ werden. Die Ferkel sind in den engen und oft unhygienischen Abferkelbuchten einem erhöhten Risiko für Infektionen und Krankheiten ausgesetzt und erhalten deswegen häufig vorbeugend Antibiotika. Viele Tiere zeigen zudem starke Verhaltensauffälligkeiten aufgrund der Bedingungen. All das gilt nicht nur für Tiere in UK, sondern beschreibt den „Normalzustand“ in Schweinezuchtanlagen – auch in Deutschland.

Das sagen die Expert*innen

Dr. Helen Lambert verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung im Bereich der Tierforschung. Nach der Analyse des Filmmaterials sagt sie:

„Alle drei Schweine haben die meiste Zeit im Liegen verbracht – erheblich mehr Zeit als Schweine, die gerade Ferkel geboren haben und sich aber freier bewegen können. Im gesamten Filmmaterial zeigen die Schweine insbesondere zwei auffällige, stereotype Verhaltensweisen: das sogenannte Schein-Kauen und Gitterbeißen. Diese sind in der Regel auf Frustration und Stress zurückzuführen, vor allem, wenn Tiere keine Möglichkeit haben, ihre natürlichen, instinktiven Verhaltensweisen auszuleben. Der mentale Zustand dieser drei Schweine ist stark beeinträchtigt. Die kleinen Käfige verhindern, dass diese fühlenden Lebewesen sich frei bewegen können. Und auch die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur ‚Bereicherung‘ ihres Lebens sind so gering, dass sie nicht ansatzweise gegen die Frustration der Tiere aufgrund der Bedingungen ankommen.“

Die ehemalige Tierärztin für Schweine Dr. Alice Brough sagt:

„In all den Jahren meiner Arbeit in Tierhaltungsbetrieben und der tierärztlichen Praxis sowie den darauffolgenden Jahren, in denen ich Recherchematerial analysiert habe, habe ich nie eine ‚Bereicherung‘ gesehen, die den Bedürfnissen der in Käfigen gehaltenen Schweine gerecht wird. Elend und Apathie sind bei diesen Tieren sehr offensichtlich. Konventionelle käfigbasierte Abferkelställe stehen im Widerspruch zu dem, was die britische Regierung in Bezug auf angemessenes Bereicherungsmaterial empfiehlt.“

Professor Steve McCulloch, europäischer Veterinärspezialist für Tierschutzwissenschaft, Ethik und Recht sagt:

„Die Schweine-Industrie behauptet, dass Abferkelbuchten notwendig sind, um die Sterblichkeit von Ferkeln zu reduzieren. Aber das ist einfach nicht wahr.“

Er hinterfragt, ob die Ferkelsterblichkeit als „falscher Vorwand für kostengünstige Produktion“ verwendet wird, und fügt hinzu:

„Die Ferkelsterblichkeit ist vergleichbar und in einigen Fällen niedriger, wenn Schweine in Freilandhaltung leben. Der Hauptnutzen von Abferkelbuchten besteht nicht darin, die Ferkelsterblichkeit zu reduzieren, sondern die Produktionskosten zu minimieren.“

Weiter sagt er:

„Weibliche Schweine in der Zucht leiden sehr wahrscheinlich an posttraumatischer Belastungsstörung, sobald sie nach dem Absetzen aus den Abferkelbuchten entfernt werden“

und er unterstreicht, dass Abferkelbuchten eindeutig die grundlegenden Bedürfnisse der Tiere verletzen.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass temporäre Käfigsysteme – bei denen die Käfige noch vorhanden sind, aber die Käfigtüren geöffnet werden – ein „inakzeptabler Kompromiss“ und „ethisch unvertretbar“ sind. Diese Systeme versäumen es, grundlegende Probleme anzugehen, und verhindern, dass Schweine natürliche Verhaltensweisen wie Nestbau ausleben können.

In Großbritannien werden jährlich rund 10 Millionen Ferkel gezüchtet und geschlachtet. Etwa die Hälfte der 400.000 für die Zucht gehaltenen weiblichen Schweine wird während und nach der Geburt ihrer Kinder in Käfigen in Abferkelbuchten gehalten. Sie müssen fast ein Viertel ihres Lebens in engen Käfigen verbringen.

Forderungen für ein Ende der Käfighaltung

Der öffentliche Widerstand gegen Abferkelkäfige ist überwältigend: 96 Prozent der Brit*innen und 89 Prozent der EU-Bürger*innen lehnen ihre Nutzung ab. Einige Länder wie Schweden und die Schweiz haben Kastenstände bereits komplett verboten.

So ist die Situation in Deutschland

In Deutschland werden 1,4 Millionen weibliche Schweine sowie rund 10 Millionen Ferkel und Jungschweine in der Zuchtindustrie gehalten. Hierzulande verbringen Mutterschweine bis zu 5,5 Monate pro Jahr – also fast die Hälfte ihres Lebens – in engen Käfigen. Durch Platzmangel sowie fehlende Möglichkeiten zur Beschäftigung und zum Ausleben ihrer Bedürfnisse zeigen die Tiere starke Stresssymptome, wie Stangenbeißen und Leerkauen. Hier erfährst du mehr über die Lebensbedingungen von Schweinen in der deutschen Tierindustrie.

2021 wurde die Tierschutz-Nutzungsverordnung novelliert. Nach einer Kampagne und mehreren Protestaktionen von Animal Equality und anderen Organisationen vor dem Bundesrat wurde entschieden, die Haltung von Schweinen in Kastenständen im sogenannten Deckzentrum, wo die Tiere besamt werden, ab 2029 zu verbieten. Im Abferkelbereich wurde von einem solchen generellen Verbot leider abgesehen. Hier soll die Fixierung jedoch verkürzt und ab 2036 auf maximal fünf Tage rund um die Geburt begrenzt werden. Animal Equality kritisiert daran sowohl die langen Übergangsfristen als auch die Entscheidung, dass die Nutzung von Käfigen weiter erlaubt bleiben soll.

Die von Animal Equality und anderen Organisationen unterstützte EU-Bürgerinitiative „End the Cage Age“ fordert ein EU-weites Verbot der Käfighaltung. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Käfige für alle Tiere abgeschafft werden.
Jeder Schritt hin zu einer Welt, in der die Ausbeutung von Tieren endgültig beendet ist, ist enorm wichtig. Du kannst dazu beitragen, indem du dich konsequent pflanzlich ernährst. Wir unterstützen dich auf Love Veg dabei mit hilfreichen Alltagstipps, leckeren Rezepten und kostenfreien Kochbüchern – schau vorbei!

Hilf der Neugierde

Schweine sind überaus soziale Tiere, die sehr interessiert an ihrer Umgebung sind. Du kannst diese neugierigen Tiere schützen, indem du dich einfach für pflanzliche Alternativen entscheidest.


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