Antibiotika-Einsatz in der Massentierhaltung weiterhin uneingeschränkt möglich
Über die negativen Auswirkungen des unregulierten Einsatzes von Antibiotika in der sogenannten Nutztierindustrie haben wir bereits mehrfach berichtet. So stellt vor allem die Gefahr zunehmender Antibiotika-Resistenzen – insbesondere auch gegenüber sogenannten Reserve-Antibiotika – eine massive Gefährdung der allgemeinen Gesundheit dar. Das Robert-Koch-Institut bezeichnet diese Resistenzen sogar als eine der “größten Herausforderungen für die globale Gesundheit”.
Aus diesem Grund hatten der EU-Umweltausschuss und der EU-Abgeordnete Martin Häusling gefordert, strengere Regeln für die Antibiotika-Behandlung von Tieren einzuführen, und sorgten damit für viel Protest – nicht zuletzt auch seitens des Verbands praktizierender Tierärzte und zahlreicher Tierhalter*innen. Diese befürchteten, dass sich eine solche Regulierung auf die tierärztliche Versorgung von Hunden, Katzen und anderen sogenannten Haustieren auswirken und deren adäquate Behandlung unmöglich machen würde.
Vergangene Woche Donnerstag wurde der Antrag auf eine solche Einschränkung des Antibiotika-Einsatzes bei Tieren nun im Europaparlament abgelehnt und stattdessen drei Kriterien für die künftige Auswahl von Reserveantibiotika festgelegt:
- eine hohe Bedeutung für die menschliche Gesundheit
- das Risiko einer Resistenzübertragung
- ein “nicht-essentieller” Bedarf in der Tiermedizin
Momentan werden in Deutschland mehrere Hundert Tonnen Antibiotika an sogenannte Nutztiere verabreicht – sowohl kurativ an einzelne Tiere, vor allem aber auch präventiv im Futter oder Trinkwasser an gesamte Tierbestände. Laut einer niederländischen Studie1 sind ca. 19 % der beim Menschen auftretenden Resistenzen gegen Antibiotika und auch Reserveantibiotika durch Lebensmittel, maßgeblich Fleisch, verursacht. Allein in Deutschland erkranken jährlich 54.500 Menschen an Multiresistenten Keimen, 2.400 sterben daran, so das Robert-Koch-Institut2. Nichtsdestotrotz ist es in der EU und auch in Deutschland legal, von antibiotikaresistenten Erregern befallenes Fleisch zu verkaufen – Grenzwerte für diese Belastung gibt es nicht.
Die Ursache dieses Problems liegt klar auf der Hand: Zu viele Tiere auf zu engem Raum und unter unhygienischen Bedingungen zu halten, geht zwangsläufig mit einer hohen Belastung und schnellen Verbreitung von Krankheitserregern einher. Den Einsatz von Antibiotika in diesem Rahmen einzuschränken, würde weder das ursächliche Problem lösen, noch wäre es tierschutzrechtlich förderlich.
Anstatt nun also über Regulierungen des Einsatzes von Antibiotika in der sogenannten Nutztierindustrie zu diskutieren und das Problem damit lediglich zu verschieben, ist es unserer Ansicht nach unumgänglich, das System der ‘Nutztierhaltung’ schnellstmöglich abzuschaffen – für die Tiere und die globale Gesundheit.
Bitte unterstützen Sie unsere wichtige Arbeit und helfen Sie uns, unsere Vision von einer Welt, in der alle Tiere Respekt und Schutz erfahren, schnellstmöglich Wirklichkeit werden zu lassen.
1 https://www.thelancet.com/journals/lanplh/article/PIIS2542-51961930130-5/fulltext
2 https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Krankenhausinfektionen-und-Antibiotikaresistenz/FAQ_Liste.html